Staatliche und staatsnahe Beschäftigung in der Schweiz: Neuer Bericht 2024.

Executive Summary

Von drei Franken, die in der Schweiz erwirtschaftet werden, geht einer durch die Hände des Staates – und die anderen beiden werden durch ihn beeinflusst. Dafür braucht der Staat Personal. Die Grösse des Staates allein könnte eine Bestandesaufnahme der Beschäftigung im öffentlichen Sektor rechtfertigen. Zwei weitere Gründe sprechen dafür:

  1. Wofür, in welchem Umfang und zu welchen Löhnen der Staat auf den volkswirtschaftlichen Pool der Beschäftigten zugreift, ist das Ergebnis eines gesellschaftlichen und politischen Diskurses. Dieser sollte evidenzbasiert sein, und dafür braucht es belastbare Zahlen und Fakten.
  2. Die klassischen Statistiken zeigen ein unvollständiges Bild der Beschäftigung im öffentlichen Sektor der Schweiz. Denn die staatliche Aktivität findet zunehmend in staatlichen und staatsnahen Betrieben statt. Hierüber braucht es ebenfalls mehr nachvollziehbare Informationen.

Vergleiche von Staats- und Verwaltungsausgaben in Prozent des BIP sind zwar weitverbreitet, aber oft irreführend, wie Ökonomen gelegentlich mahnen (Eichenberger 2016). Das Augenmerk dieses Übersichtspapiers liegt auf der Pro-Kopf-Perspektive. Über die Zeit gleichbleibende Pro-Kopf-Ausgaben bilden einen aussagekräftigen Referenzwert, wobei Abweichungen von diesem Wert sinnvoll diskutiert werden könnnen. Wurde die Verwaltung effizienter oder ineffizienter? Hat sich das staatliche Aufgabenspektrum verändert? Fallen die Pro-Kopf-Ausgaben dank Bevölkerungswachstum oder steigen sie, weil der Staat an Kapazitätsgrenzen stösst? Die Bestandesaufnahme umfasst die Personalausgaben im Sektor Staat sowie die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten und die Löhne beim Staat und den staatsnahen Unternehmen. Die wichtigsten Fragen und Antworten präsentieren sich wie folgt:

Die Schweizer Verwaltungsausgaben liegen im europäischen Mittelfeld:

  • Gibt die Schweiz viel oder wenig für das Personal in den öffentlichen Verwaltungen aus? Mit 6’494 Franken je Einwohner im Jahr 2022 liegt die Schweiz kaufkraftbereinigt im europäischen Mittelfeld.
  • Die Schweiz gibt 7.3 % des BIP für Staatsbedienstete aus; weniger war es 2022 nur in Irland mit 5.7 %. Ob die Beschäftigungsausgaben ins Verhältnis zur Einwohnerzahl oder ins Verhältnis zum BIP gesetzt werden, ist offensichtlich entscheidend.
  • Wächst die öffentliche Verwaltung in der Schweiz stärker als anderswo? Von 1996 bis 2022 sind die Ausgaben für Verwaltungspersonal in der Schweiz unter Berücksichtigung der hiesigen Teuerung pro Kopf um 28 % gestiegen. Wird zwecks internationaler Vergleichbarkeit anhand eines europäischen Warenkorbs gemessen, beträgt das Personalkostenwachstum pro Kopf 107 %. Das liegt ebenfalls im europäischen Mittelfeld.
  • In welchen Bereichen sind die Personalausgaben der öffentlichen Verwaltungen in der Schweiz im europäischen Vergleich besonders hoch? Es sind die Bereiche der allgemeinen öffentlichen Verwaltung, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und des Bildungswesens.

Das staatliche Personalausgabenwachstum in der Schweiz beschleunigt sich:

  • Beschleunigt oder verlangsamt sich das Personalausgabenwachstum? Von 1996 bis 2007 sind die öffentlichen Verwaltungskosten um 8.3 Mrd. Franken gewachsen; das ist ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 1.5 %. Von 2008 bis 2021 haben die Personalausgaben um 14.8 Mrd. Franken zugenommen, was einem jährlichen Wachstum von 2.2 % entspricht. Dazwischen sorgte die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) für einen Bruch in der Zeitreihe.
  • Auf welcher Staatsebene ist das Ausgabenwachstum am höchsten? Am höchsten fällt das Wachstum beim Bund aus mit 2.6 % jährlich seit 2008, gefolgt von den Kantonen (2.4 %) und den Gemeinden (1.7 %).
  • Gibt es kantonale Unterschiede? In Basel-Stadt wird mit 9’579 Franken und in Genf mit 9’554 Franken je Einwohner am meisten für die Kantons- und Gemeindebediensteten ausgegeben; in Schwyz sind es hingegen 3’652 Franken. Bleiben die aktuellen Wachstumsraten bestehen, steigen die Ungleichheiten weiter an.

Ein Drittel der öffentlichen Beschäftigung entfällt auf staatliche und staatsnahe Unternehmen:

  • Wächst die Beschäftigung im privaten oder im staatlichen Sektor schneller? Die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) ist – gestützt auf die offiziellen Daten – im Sektor Staat von 2011 bis 2021 um 17.3 % gewachsen, bei den privaten Unternehmen um 10.9 %. Wie viel Beschäftigung entfällt auf den öffentlichen Sektor, also den Sektor Staat oder staatsnahe Betriebe? Die Abgrenzung zwischen öffentlich und privat ist nicht trivial. Gut abgesichert ist, dass 10.0 % der Gesamtbeschäftigung in der Schweiz 2021 auf den Sektor Staat entfallen. Aufgrund statistischer Unzulänglichkeiten ist es hingegen komplizierter, die Beschäftigung bei den staatlichen und staatsnahen Unternehmen und Instituten festzustellen. Nach eigener, konservativer Schätzung beträgt die Beschäftigung im öffentlichen Sektor 17.4 %. Gemäss dieser Schätzung ist der öffentliche Sektor seit 2011 um 15.9 % und die Privatwirtschaft um 10.7 % gewachsen.
  • Gibt es auffällige Muster bei der Zusammensetzung der Beschäftigten? Der Anteil der Beschäftigten mit tertiärem Bildungsabschluss ist vergleichsweise hoch und wächst weiter. Die Akademisierung der Bundesverwaltung schritt im letzten Jahrzehnt um 18 Prozentpunkte voran, in den Kantonsverwaltungen waren es 8 Prozentpunkte und in den Gemeindeverwaltungen 7 Prozentpunkte.

Die staatlichen Löhne sind vergleichsweise hoch:

  • Gibt es Lohnunterschiede zwischen der Privatwirtschaft und den einzelnen Staatsebenen? In der Bundesverwaltung hat das durchschnittliche Bruttoerwerbseinkommen im Zeitraum 2020 bis 2022 für eine Vollzeitstelle 118’457 Franken betragen, während es in der Privatwirtschaft 92’723 Franken waren. Die Gemeinde- und Kantonsverwaltungen und die öffentlichen Unternehmen liegen dazwischen.
  • Die Löhne in der Bundesverwaltung lagen 36.1 %, in den Kantonsverwaltungen 21.2 % und in den Gemeindeverwaltungen 9.3 % höher als die durchschnittlichen Löhne in der Privatwirtschaft (Schätzung für den Zeitraum 2017 bis 2022). Unterschiede im Pool der Arbeitskräfte – tertiäre Bildungsabschlüsse insbesondere im Bereich Pädagogik, Frauen und Inländer sind im Schnitt in den Verwaltungen übervertreten – erklären die Lohndifferenzen aber nur teilweise.
  • Die systematische Lohnanalyse zeigt, dass auf allen Verwaltungsebenen Lohnprämien gegenüber der Privatwirtschaft bestehen. Das heisst, die Löhne sind höher, wenn gleichwertige Stellen und Arbeitskräfte aus der Verwaltung und der Privatwirtschaft verglichen werden. Basierend auf der Schweizerischen Arbeitskräfte Erhebung beträgt die durchschnittliche Verwaltungslohnprämie in der Bundesverwaltung 11.7 %, in den Kantonsverwaltungen 5.4 % und in den Gemeindeverwaltungen 4.5 %. Bei Verwendung der Lohnstrukturerhebung als Datengrundlage beträgt die Prämie in der Bundesverwaltung 13.9 %, in den Kantonsverwaltungen 2.3 % und in den Gemeindeverwaltungen -0.5 %.
  • Die Lohnschere zwischen dem privaten Sektor und den Verwaltungen öffnet sich gegen unten: Vergleichsweise niedrige Löhne werden in den Verwaltungen gegenüber der Privatwirtschaft stärker bevorteilt als hohe Löhne.
  • Beim Bund und bei den Kantonen steigen die Lohnprämien insbesondere mit dem Alter und der Anstellungsdauer an.
  • Bei der Lohnanalyse können sektorale Unterschiede, die über den Lohn hinausgehen, nicht berücksichtigt werden. Dazu gehört die Jobsicherheit, die Arbeitsatmosphäre, Sinnhaftigkeit der Tätigkeit, Stress am Arbeitsplatz, Sozialleistungen und vieles mehr. Auch persönliche Eigenschaften, wie die Leistungsbereitschaft und die Berufserfahrung können nur näherungsweise berücksichtigt werden.

Die wichtigsten Schlussfolgerungen aus Sicht der Autoren:

  • Die staatlichen Verwaltungsausgaben und das Beschäftigungsvolumen beim Staat und den staatsnahen Unternehmen sind alles andere als gering. Sowohl Ausgaben als auch Beschäftigung wachsen. Betrachtet man kaufkraftbereinigte Verwaltungsausgaben pro Einwohner statt wie üblich in Prozent des BIP, ist die Schweiz kein Musterschüler, sondern europäisches Mittelmass.
  • Die Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden wachsen unter anderem stark im Bereich der allgemeinen Verwaltungsausgaben. Gerade diese Ausgabenkategorie wurde jüngst in einer Studie als wirtschaftswachstumshemmend identifiziert (Mosler und Schaltegger 2021).
  • Verschiedentlich wird darauf hingewiesen, dass es um die Governance der staatlichen und staatsnahen Betriebe nicht zum Besten bestellt ist (Hettich 2009; Schelker, Schaltegger und Portmann 2022). Auch die staatsnahen Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts tragen zum Beschäftigungswachstum bei – soweit dies mit den verfügbaren Daten überprüft werden kann. Eine Verbesserung der Datenlage ist wünschenswert.
  • Die Personalausgaben und der Akademikeranteil sind beim Bund in Prozenten am stärksten gewachsen, während die Kantone und Gemeinden die Beschäftigung am stärksten erhöhten. Die Akademisierung in den Kantonen und Gemeinden schritt allerdings weniger stark voran als beim Bund. Dieses Muster könnte auf einen fortschreitenden Vollzugsföderalismus hinweisen, bei dem der Bund die Richtung vorgibt und die Kantone ausführen. Ob diese Hypothese stimmt, muss die künftige Forschung zeigen.
  • Es gibt beträchtliche Lohnungleichheiten zwischen Staat und Privatwirtschaft. Insbesondere die Löhne beim Bund sind vergleichsweise hoch. Drei Konsequenzen einer Verwaltungslohnprämie scheinen plausibel. Erstens kann von ihr Aufwärtslohndruck für gewisse Berufe in der Privatwirtschaft ausgehen. Da zweitens auch die Verwaltungen auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz stehen, können die Bundeslöhne die Gemeinden und Kantone unter Druck setzen. Drittens kann eine Verwaltungslohnprämie bereits die Bildungsentscheidungen junger Menschen beeinflussen.

1 Einleitung

1.1 Ein bedeutender Leistungsträger mit Kontrollbedarf

Die Ansprüche der Bürger an den Staat haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Viele Bürger verlangen nach ausgebauten Sozialwerken, fordern hohe Bildungsstandards und eine erstklassige Verkehrsinfrastruktur (Jalles 2019). Zur Erstellung dieser Güter und zur Erbringung dieser Dienstleistungen braucht der Staat Personal. Warum nur soll man sich mit der Beschäftigung im öffentlichen Sektor auseinandersetzen, wenn der öffentliche Sektor produziert, was die Bürger bestellt haben?

Die ökonomische Theorie kennt gute Gründe, warum der öffentliche Sektor dazu tendiert, seine Aktivität stärker über die tatsächliche Nachfrage hinaus auszudehnen als der private Sektor. Einfach gesagt, fehlen im Staat viele der wettbewerblichen Elemente, welche im privaten Sektor den Anbieter zur Ausrichtung an der Nachfrage zwingen und das ohne Müssiggang und überhöhte Löhne. Was im privaten Sektor der Markt regelt, bedarf im Staat der Aufsicht durch Parlamente und Finanzkommissionen und nicht zuletzt den öffentlichen Diskurs. Zu diesem Zweck nimmt dieses Policy Paper eine Bestandesaufnahme der Beschäftigung und Löhne im öffentlichen Sektor der Schweiz vor. Faktenbasiert wird aufgezeigt, welche Löhne in den Verwaltungen gezahlt werden und ob, in welchem Umfang und in welchen Bereichen sich die Beschäftigung im öffentlichen Sektor in den letzten 25 Jahren verändert hat.

1.2 Forensische Arbeit und die richtige Perspektive sind entscheidend

Bei der Frage, was zum Staat gehört, entpuppt sich dieser als vielschichtiges Konstrukt. In der föderalistischen Schweiz waren die öffentlichen Beschäftigungsverhältnisse stets von Vielfalt geprägt. Die Liberalisierungsmassnahmen in den 1990er Jahren haben die Grenzen zwischen Staat und Privatwirtschaft aufgeweicht. Öffentliche Schulen, Strafanstalten und das Nationalmuseum gehören nach den einschlägigen Regelwerken ebenso zum Sektor Staat wie die kommunalen Steuerämter und die kantonalen Passbüros. Dem Terminus Technicus werden hingegen weder die eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA noch die staatlichen Pensionskassen, noch die beiden Bundesbetriebe Post und SBB zugerechnet, obwohl sie vollumfänglich dem Staat gehören.

Der klassische Staatsbegriff greift heute zu kurz. Wo trennscharfe Abgrenzungen fehlen, fehlen auch exakte Statistiken. In diesem Policy Paper kombinieren wir deshalb in forensischer Arbeit unterschiedliche Datenquellen. Dazu gehören die Finanzstatistik der Eidgenössischen Finanzverwaltung nach nationalen und internationalen Standards, die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE) sowie die Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT). Das Policy Paper ist Work in Progress; neue Datenquellen und Auswertungen kommen laufend hinzu. So werden bisher die staatlichen Inputs in Form von Personalausgaben und eingesetzten Vollzeitäquivalenten sowie deren Entlohnung beleuchtet. Die Output-Seite – was der Staat und die staatsnahen Unternehmen dem Bürger als Gegenwert liefern – wird bisher nicht betrachtet.

Sind die knapp 33 Milliarden Franken Personalausgaben der Kantone im Jahr 2021 viel oder wenig? Erst Vergleiche machen absolute Zahlen verständlich. Deshalb werden Staatsausgaben und staatliche Personalausgaben häufig ins Verhältnis zum BIP gesetzt. So wird ersichtlich, welcher Anteil der gesamten wirtschaftlichen Leistung für die Erbringung der staatlichen Leistung eingesetzt wird. Doch dieser Indikator schafft Unklarheit darüber, ob die staatlichen Personalausgaben in Prozent des BIP nun klein sind, weil die Ausgaben klein sind oder weil das BIP gross ist. Nach ökonomischem Lehrbuch konzentriert sich der Staat auf die Produktion öffentlicher Güter. Für diese ist charakteristisch, dass sie, einmal produziert, von beliebig vielen Personen konsumiert werden können; mit wachsender Bevölkerung sinken die Kosten je Einwohner. Im Zentrum des Policy Papers stehen deshalb die staatlichen Personalausgaben und die staatliche Beschäftigung je Einwohner. Das Null-Wachstum ist dabei ein bedeutender Fixpunkt. Eine Zunahme der Verwaltungsausgaben pro Kopf in einem Land mit Bevölkerungswachstum lädt zur Diskussion ein. Nimmt die staatliche Aktivität zu oder steigt deren Qualität? Stösst das staatliche Angebot an Kapazitätsgrenzen, weil der Staat nicht nur öffentliche Güter produziert? Die vorliegende Analyse liefert erstes Zahlenmaterial dafür. Die Pro-Kopf-Perspektive widerlegt auch die weitverbreitete Meinung, der Schweizer Staat sei besonders schlank.

Sind 120’000 Franken Jahreslohn für einen Bundesangestellten viel oder wenig? Auch wenn es um die Löhne im öffentlichen Sektor geht, ist der richtige Vergleich zentral und nicht trivial. Ein Vergleich der Löhne in der Bundesverwaltung mit jenen der Schwerindustrie ist so wenig zielführend wie ein Vergleich der Gemeindelöhne mit jenen der Pharmabranche. Die in diesem Policy Paper vorgestellte Lohnanalyse für die Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden zielt deshalb auf grösstmögliche Vergleichbarkeit der Verwaltungsangestellten mit Vergleichspersonen aus der Privatwirtschaft ab. Vereinfacht gesagt, werden nach statistischen Zwillingen mit gleichen Qualifikationen aus der Verwaltung und der Privatwirtschaft gesucht. Das angewandte Verfahren wird häufig zur Ermittlung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern, dem Gender Pay Gap, eingesetzt. In diesem Policy Paper soll der Public-Private-Sector-Pay-Gap, die Lohnlücke zwischen Privatwirtschaft und Staat, ermittelt werden.

1.3 Aufbau des Policy Papers

Das Policy Paper ist wie folgt strukturiert: Nach einem Abriss der ökonomischen Theorie der Verwaltung in Kapitel 2 erörtert Kapitel 3 die Abgrenzungskriterien zwischen öffentlichem und privatem Sektor. In Kapitel 4 beginnt die Bestandesaufnahme mit einem europäischen Vergleich. In Kapitel 5 werden die staatlichen Personalausgaben in der Schweiz vertieft angeschaut mit Vergleichen zwischen den Staatsebenen und den Kantonen. Kapitel Kapitel 6 nimmt die Beschäftigung beim Staat und den staatsnahen Betrieben unter die Lupe. In Kapitel 7 erfolgt eine Analyse der Löhne. Kapitel 8 rekapituliert und diskutiert die Ergebnisse und stellt die wichtigsten Thesen für den öffentlichen Diskurs und die zukünftige Forschung heraus.

2 Ökonomische Theorie: Wieso wächst die Verwaltung?

Zusammenfassung
  • Die Ursachen des Verwaltungswachstums können in drei Kategorien eingeteilt werden: klassische angebots- und nachfrageseitige Erklärungen sowie politökonomische Erklärungen.
  • Nachfrageseitig besagt das Wagnersche Gesetz, dass steigendes Volkseinkommen zu einer überproportional zunehmenden Nachfrage nach öffentlichen Gütern führt. Die empirische Forschung stützt diesen Zusammenhang.
  • Angebotsseitig besagt die Baumolsche Kostenkrankheit, dass der Staat weniger vom technischen Fortschritt durch Digitalisierung und Automatisierung profitiert als die Privatwirtschaft. Die Baumolsche Kostenkrankheit wird für einzelne Staatsbereiche und einzelne Länder von empirischen Studien bestätigt, ist als allgemeingültige Erklärung allerdings umstritten.
  • Die politische Ökonomie führt ein übermässiges Verwaltungswachstum auf die Prinzipal-Agenten-Problematik zurück. Gemäss dieser profitieren die Verwaltungsangestellten (Agenten) von einer überdimensionierten Verwaltung, etwa weil die Arbeitsbelastung des Einzelnen sinkt. Der politische Auftraggeber (Prinzipal) kann exzessives Wachstum aufgrund von Informationsdefiziten und Kontrollkosten nicht vollständig unterbinden.

2.1 Wachsende Nachfrage nach staatlicher Aktivität

Die Ökonomie beschäftigt sich seit dem 19. Jahrhundert mit der Frage, warum der Staat und mit ihm die Verwaltung wächst. Die Erklärungen lassen sich einerseits in klassische angebots- und nachfrageseitige und andererseits in politökonomische Ansätze einteilen.

Als Grundstein der nachfrageorientierten Erklärungen gilt der Beitrag des Wirtschaftswissenschafters Adolph Wagner (1892). Die heute als Wagnersches Gesetz bekannte Hypothese besagt, dass steigendes Volkseinkommen in einer überproportional steigenden Nachfrage nach öffentlichen Gütern und Dienstleistungen resultiert. Als Grund dafür sieht Wagner das Bedürfnis nach sozialer Absicherung, das sich in einer wachsenden Aufgabenvielfalt des Staates äussert, die im weiteren Sinne die Gebiete der öffentlichen Sicherheit samt Polizei, Justiz und Gesundheit, sozialer Sicherheit, Bildung und Kultur umfasst.

Empirische Studien bestätigen den positiven und nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der Nachfrage nach staatlichen Gütern (Perkins 1977). Mehr staatliche Aktivität bedingt im Regelfall wiederum ein Wachstum der Verwaltung. Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass Wagners Hypothese auch für die Schweiz gilt. Lag die Staatsquote (Staatsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) im Jahr 1970 bei 18.6 %, wuchs sie bis zum Jahr 2022 auf 33.0 % (Eidgenössisches Statistisches Amt 1972; Eidgenössische Finanzverwaltung 2024). Ein besonders starker Anstieg der Staatsquote zeigt sich in den 1970er und -80er Jahren. Seit den 1990er Jahren ist die Quote relativ stabil (siehe Abbildung 2).

In einem wegweisenden Beitrag modellierte Downs (1957) Mehrheitswahlen als politischen Wettbewerb, in dem wiederwahlgetriebene Politiker ihre politischen Positionen stimmenmaximierend festlegen. Entsprechend Downs’ Modell richtet sich die Politik in einem Mehrheitswahlsystem nach dem Median-Wähler. Auch Grösse von Staat und Verwaltung richten sich folglich nach den Präferenzen des Median-Wählers.

Meltzer und Richard (1981) knüpfen am Median-Wähler-Modell an. Sie argumentieren, dass der Medianwähler durch die Ungleichheit des Markteinkommens beeinflusst wird. Eine hohe Ungleichheit führt zumeist zu einer grossen Diskrepanz zwischen dem Einkommen des Medianwählers, dem Einkommen, über und unter dem jeweils die Hälfte der Wähler liegt, und dem Durchschnittseinkommen. Im Gegensatz zum Medianeinkommen kann das Durchschnittseinkommen auch hoch ausfallen, wenn nur einige wenige Wähler extrem hohe Einkommen erzielen. Dies ermöglicht der Wählermehrheit, über den Staat eine ausgebaute Umverteilung zulasten der Minderheit mit den hohen Einkommen zu etablieren.1

Das Medianwähler-Modell bleibt allerdings ein theoretischer Archetyp. In der Realität hat das Modell nur begrenzte Aussagekraft, wie empirische Studien zeigen (Gouveia und Masia 1998; Stadelmann, Portmann und Eichenberger 2012). Offenbar gibt es zahlreiche Faktoren, welche dafür sorgen, dass die Median-Wähler-Präferenzen in der Politik nicht immer Gehör finden. Die politische Ökonomie, wie sie weiter unten besprochen wird, untersucht diese Faktoren ausführlich.

2.2 Leidet das staatliche Angebot an der Baumolschen Kostenkrankheit?

Baumol (1967) stellt die Angebotsseite als Ursache für Verwaltungswachstum ins Zentrum. In einer von technologischem Wandel geprägten Welt profitieren verschiedene Sektoren unterschiedlich stark von ebendiesem Wandel. Während in vielen industriellen Bereichen Automatisierungen möglich sind, die zu gesteigerter Produktivität und bei steigenden Löhnen letztlich gleichbleibenden Produktionskosten führen, lassen sich Dienstleistungen, die stark durch menschliche Arbeit geprägt sind, nur bedingt automatisieren. In diesen Bereichen sind also kaum Produktivitätssteigerungen möglich, Löhne und Gehälter steigen dennoch. Baumol attestierte dem Staat daher, an einer Kostenkrankheit zu leiden.

Nordhaus (2008) hat die Baumolsche Kostenkrankheit in einer umfassenden Analyse über die Jahre 1948-2001 am Beispiel der USA bestätigt; Bates und Santerre (2013) und Bates und Santerre (2015) bestätigen das Auftreten der Krankheit am Beispiel des Gesundheitssektors. Eine sehr ähnliche Diskussion findet sich auch in der Schweiz. Gerade im Gesundheitsbereich sehen Ökonomen die Baumolsche Kostenkrankheit immer wieder auftreten (Hartwig 2008; Hartwig und Krämer 2018). Der aktuelle Forschungsstand lässt sich wie folgt zusammenfassen: Zahlreiche Studien bestätigen für einzelne Staatsaufgaben, Länder und Zeiträume die Baumolsche Kostenkrankheit. Zu jedem Zeitpunkt, damals wie heute, lassen sich Beispiele von Aufgaben finden, die wenig Automatisierungsmöglichkeiten und Raum für Effizienzsteigerungen bieten. Dies gilt jeweils, bis eine Innovation die Ausgangslage grundlegend verändert. Die empirische Forschung stützt die Baumolsche Kostenkrankheit deshalb nicht als Generaldiagnose. Von der Digitalisierung in Form der ersten Textverarbeitung und Tabellenkalkulation in den 1980er Jahren bis zu Machine Learning profitieren private Unternehmen genauso wie der Staat.

2.3 Die Prinzipal-Agenten-Beziehung als Wachstumstreiber

Weitere Erklärungsansätze für das Verwaltungswachstum liefert die politische Ökonomie. Diese stellt das Handeln aller involvierten Akteure vom Wähler über den Politiker in Parlament und Regierung sowie Verwaltungsmitarbeiter bis hin zu Interessengruppen in den Vordergrund.

Zwischen den verschiedenen Gruppen besteht keine vollständige Zielkongruenz. Kein Akteur ist vollständig über die Welt informiert; informiert zu sein, ist kostspielig. Diese Prämissen sind die Ausgangspunkte der Prinzipal-Agenten-Theorie (Niskanen 1971; McCubbins, Noll und Weingast 1987). Nach der Theorie beauftragt der Prinzipal den Agenten, eine Leistung für ihn zu erbringen. Bei der Erbringung dieser Leistung kann der Prinzipal nur unter grossem Aufwand die Handlungen des Agenten überblicken. Der Agent besitzt demnach einen Wissensvorsprung. Diesen Umstand kann er durch opportunistisches Handeln zu seinen Gunsten nutzen.

Mit Blick auf Staats- und Verwaltungswachstum finden wir uns in der Situation eines mehrstufigen Prinzipal-Agenten-Problems zwischen Bürgern und politischen Akteuren sowie zwischen politischen Akteuren und der Verwaltung wieder. Die Bevölkerung als Prinzipal beauftragt die politischen Akteure mit der Umsetzung der Regierungsarbeit. Es ist ihr jedoch nur unter grosser Anstrengung möglich, teilweise gar unmöglich, die Handlungen der politischen Akteure zu kontrollieren. Die politischen Akteure treten in diesem Kontext als Agenten auf, die von dieser Informationsasymmetrie profitieren und ihren persönlichen Nutzen maximieren können.

In einer zweiten Stufe treten die politischen Akteure nun wiederum als Prinzipal gegenüber der Verwaltung auf. Sie beauftragen die Verwaltung mit der Umsetzung politischer Massnahmen, können die Effizienz der Umsetzung jedoch ebenso nur unter grossem Ressourceneinsatz beobachten. Die Angestellten der Verwaltung haben ähnliche Interessen der individuellen Nutzenmaximierung und somit keinen unmittelbaren Anreiz zur effizienten Ressourcennutzung. Der amerikanische Ökonom William Niskanen leitete aus dieser Überlegung die Theorie der Budgetmaximierung ab, wonach der Bürokrat zur Maximierung seines eigenen Nutzens sein Amt überdimensional aufbläst.

Die Prinzipal-Agenten-Problematik besteht genauso in der privaten Wirtschaft. Der grosse Unterschied liegt jedoch darin, dass sich der private Verbraucher nach dem Besuch in der Autowerkstatt besser überlegen kann, ob der nächste Werkstattbesuch in derselben Werkstatt stattfindet oder doch eine neue aufgesucht wird. Der Besitzer der Werkstatt ist sich dieser Tatsache bewusst. Somit ist sein Handlungsspielraum zur Ausnutzung von Informationsasymmetrien zumindest begrenzt.

Beim Staat verhält sich das anders. Wettbewerb und damit der Anreiz zu Produktions- und Allokationseffizienz gibt es beim Staat nur in abgeschwächter Form. Auch der ex-post-Vergleich verschiedener Institutionen fällt schwer. Zwei Smartphones sind leichter miteinander zu vergleichen als zwei Verwaltungsdepartements unterschiedlicher Kantone. Doch immerhin gestattet der Schweizer Föderalismus Wettbewerb zwischen den Gemeinden und Kantonen, indem diesen viel Autonomie eingeräumt wird. Zahlreiche empirische Studien haben gezeigt, dass der föderalistische Wettbewerb eine bürgernahe und fiskalisch nahhaltige Politik begünstigt (Feld, Kirchgässner und Schaltegger 2011; Brülhart und Jametti 2019; Eugster und Parchet 2019; Salvi, Schaltegger und Schmid 2020).

3 Wo liegen die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Sektor?

Zusammenfassung
  • Was gehört gemäss den offiziellen Regelwerken zum Sektor Staat? Dazu gehören – wie gemeinhin erwartet – die Verwaltungen von Bund, Kantonen, Gemeinden und weiteren öffentlichen Körperschaften, öffentliche Schulen, Polizei, Feuerwehr und jedes Zivilstandsamt. Für viele Einheiten wie Institute oder Anstalten ist die Zuordnung weniger offensichtlich.
  • Es gibt formale Abgrenzungskriterien betreffend die Eigenständigkeit einer Einheit, die Erzielung von Verkaufserlösen durch die Einheit und die Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand.
  • Zum Sektor Staat gehören beispielsweise die ETH, Schweiz Tourismus, die Sozialversicherungen AHV/IV/EO/ALV und die Stiftung Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV).
  • Nicht zum offiziellen Sektor Staat gehören beispielsweise die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), Abwasserreinigungsanlagen, kantonale Spitäler und Heime, SBB, Post und Swisscom.

3.1 Der öffentliche Sektor: mehr als nur der Sektor Staat

Die einschlägigen Statistiken und Regelwerke ordnen die volkswirtschaftliche Aktivität nach institutionellen Sektoren. Im Zentrum dieses Policy Papers stehen der Sektor Staat und seine Teilsektoren Bund, Kantone, Gemeinden und die öffentlichen Sozialversicherungen. Für eine Gesamtschau der Beschäftigung im öffentlichen Sektor greift eine Analyse des Sektors Staat allerdings zu kurz. Der staatliche Fussabdruck ragt mit den öffentlichen Unternehmen und Instituten des öffentlichen Rechts über die Grenze des Staatssektors hinaus. Seine Institute und Unternehmen sind Teil der Sektoren der nichtfinanziellen und finanziellen Kapitalgesellschaften, der privaten Haushalte und der privaten Organisationen ohne Erwerbzweck.

Für den Sektor Staat existieren im Wesentlichen fünf Abgrenzungskriterien (Eidgenössische Finanzverwaltung 2021):

  • Handelt es sich um eine eigenständige institutionelle Einheit? Weder ein Zivilstandsamt noch der Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinöV) sind eigenständige Einheiten. Für diese sind die Muttereinheiten zu betrachten; das sind in beiden Fällen der Bund und die Gemeinden, und diese sind dem Sektor Staat zuzuordnen.
  • Wird die Einheit durch die öffentliche Hand kontrolliert? Öffentliche Kontrolle liegt vor, wenn der Staat 50 Prozent der Stimmrechte besitzt oder aus regulatorischen Gründen das Recht hat, die Mehrheit des Führungsgremiums oder die Unternehmensleitung besetzen und gestalten zu können. Dies gilt für die ETH genauso wie für Schweiz Tourismus.
  • Liegt die Hauptfunktion in der Umverteilung von Vermögen und Einkommen? Merkmale sind die Erhebung von Steuern, die Zahlung von Subventionen, die Erbringung von Sozialleistungen und die Bereitstellung öffentlicher Güter. Dies gilt beim Bund für die Sozialversicherungen AHV, IV, EO und ALV genauso wie für die Stiftung Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV).
  • Übt die Einheit keine finanzielle Mittlertätigkeit aus? Darunter versteht man die typischen Aktivitäten von Banken, Vermögensverwaltern und Versicherungen. Aufgrund dieses Kriteriums gehören die Pensionskasse des Bundes (PUBLICA), die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredite sowie die kantonalen Ausgleichskassen nicht zum Sektor Staat.
  • Beträgt der Verkaufserlös weniger als 50 Prozent der Produktionskosten? Einheiten, die hohe Verkaufserlöse erzielen, gehören nicht zum Sektor Staat. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), Abwasserreinigungsanlagen, kantonale Spitäler und Heime, SBB, Post und Swisscom gehören deshalb nicht zum Sektor Staat.

Die Liste der Kriterien und die Beispiele zeigen zweierlei. Erstens gehören viele Einheiten, die landläufig als staatlich bezeichnet werden, nicht dem Sektor Staat an. Zweitens besteht viel Interpretationsspielraum. Viele öffentliche Schulen sind weder eigenständige institutionelle Einheiten noch erzielen sie Verkaufserlöse. Die Hochschulen und Universitäten verfügen hingegen oft über bedeutende Einnahmen aus privaten Mitteln. Im Fall der Bildungsinstitute lösen die internationalen Regelwerke den Interpretationsspielraum auf, indem sie die öffentlichen Schulen inklusive Hochschulen und Universitäten per Ausnahmeregelung strikt dem Sektor Staat zuordnen.

Abbildung 1 illustriert die Gliederung der Beschäftigung und der staatlichen Personalausgaben, wie sie in den folgenden Kapiteln verwendet wird. Der Begriff Sektor Staat richtet sich nach der Definition der EFV, wie sie in diesem Abschnitt dargelegt wurde. In den Kapiteln 4 und 5 werden alle Ausgaben den drei Teilsektoren Bund, Kantone und Gemeinden zugewiesen. In den Kapiteln 6 und 7 werden die Verwaltungen öffentlicher Körperschaften von den Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden abgegrenzt. In diese Kategorie fallen etwa Zweckverbände und oft auch Schulen. Zur Vereinfachung werden diese an einigen Stellen als übriger Staatssektor zusammengefasst.

Als gesamter öffentliche Sektor wird in diesem Policy Paper der Sektor Staat mit all seinen öffentlichen Unternehmen und Instituten des öffentlichen Rechts verstanden. Dazu gehören etwa die SBB oder die öffentlichen Spitäler, welche ausserhalb des Staatssektors liegen. Zu den öffentlichen Unternehmen und Instituten des öffentlichen Rechts zählen wir alle Einheiten, über die der Staat erhebliche Kontrolle ausübt, weil er etwa deren Mehrheitseigner ist oder weil er durch spezialgesetzliche Regelungen die Unternehmensführung im Wesentlichen in seiner Kontrolle hat. Dazu zählen wir beispielsweise die SBB, Finma, die Post, die SUVA und Kantonsspitäler. Wir gehen in späteren Kapiteln auf die Problematik ein, dass einzelne Datenquellen des BFS von dieser Auslegeordnung abweichen könnten. Was nicht zum Sektor Staat gehört, bezeichnen wir nachfolgend vereinfachend als Unternehmen und Institute.

Abbildung 1: Abgrenzung zwischen den Sektoren

3.2 Was gehört zum staatlichen Fussabdruck?

Das Policy Paper verwendet aktuell die vom Bundesamt für Statistik vorgenommene Zuteilung der öffentlichen Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts zum öffentlichen Sektor. Die Daten liegen den Autoren nur in anonymisierter Form vor, weshalb ein anderes Vorgehen nicht möglich ist. Die uns vorliegenden Beschäftigungsdaten nach Wirtschaftszweigen werfen die Frage auf, ob bei allen Staatsunternehmen einheitliche Zuordnungskriterien verwendet wurden. Beispielsweise ist unklar, ob bei Aktiengesellschaften stets jene mit einer öffentlichen Beteiligung von wenigstens 50 Prozent als öffentliches Unternehmen klassiert wurden.

Losgelöst von der Transparenz und Verfügbarkeit der Daten stellt sich die Frage, was als öffentliche Beschäftigung gilt. Geht es um einen staatlichen Fussabdruck und somit die Frage, welche Beschäftigung nicht durch privatwirtschaftliche Mechanismen zustande kommt? Dann sind zumindest die Unternehmen in staatlichem Mehrheitsbesitz in die Analyse einzuschliessen. Für ein vollständiges Bild wären hingegen ebenso Unternehmen mit staatlichen Minderheitsbeteiligungen, Tochterunternehmen von Staatsunternehmen und selbst private Unternehmen in Märkten, die in erheblichem Ausmass durch staatliche Regulierung geprägt sind, zu berücksichtigen. Eine entsprechend detaillierte Auswertung der Daten bleibt der zukünftigen Forschung vorbehalten.

4 Die Schweiz im europäischen Vergleich

Zusammenfassung
  • Im europäischen Vergleich gibt die Schweiz im Verhältnis zum BIP im Jahr 2022 mit 7.3 % wenig für ihre Staatsbediensteten aus. Tiefer sind die Ausgaben nur in Irland (5.7 %); am höchsten sind sie in Island (14.9 %).
  • Zielt der europäische Vergleich hingegen auf die kaufkraftbereinigten Ausgaben für Verwaltungspersonal je Einwohner ab, befindet sich die Schweiz mit 6’494 Franken im europäischen Mittelfeld. Am wenigsten gibt Bulgarien mit 3’319 Franken und am meisten gibt Luxemburg mit 14’876 Franken aus.
  • Das Schweizer Personalausgabenwachstum je Einwohner liegt im Zeitraum von 1996 bis 2022 mit 107 % kaufkraftbereinigt und damit gemessen an einem europäischen Warenkorb im europäischen Mittelfeld. – Von 1996 bis 2022 wuchsen die Personalausgaben des Bundes mit 110 % etwas stärker als auf Stufe der Kantone und Gemeinden (106 %).
  • Im europäischen Vergleich der kaufkraftbereinigten Personalausgaben sind in der Schweiz vor allem die Verwaltungsausgaben in den Bereichen allgemeine öffentliche Verwaltung (1’181 Franken), öffentliche Ordnung und Sicherheit (962 Franken) sowie Bildungswesen (2’929 Franken) hoch.

Im Folgenden werden die Personalausgaben im Staatssektor europäischer Länder miteinander verglichen. Der Vergleich basiert auf der von Eurostat bereitgestellten Statistik zu Staatsausgaben nach Funktionen. Ähnlich wie es für Unternehmen internationale Rechnungslegungsstandards gibt, existieren für die Rechnungen der öffentlichen Haushalte internationale Regelwerke wie die International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) und das European System of National and Regional Accounts (Eurostat European Commission 2013).

Es sei darauf hingewiesen, dass trotz des Bestrebens um eine international vergleichbare Datenbasis die Regelwerke von den Ländern oft unterschiedlich ausgelegt werden. Die Regeln werden an nationale Gegebenheiten angepasst, und Brüche in den Zeitreihen können auftreten. Im Sinne der Einheitlichkeit zwischen den Kapiteln und mit Blick auf die Datenqualität wurde das Jahr 1995 als Startzeitpunkt für den nationalen und internationalen Vergleich der Personalausgaben gewählt.

Berücksichtigt werden alle Staatsebenen von Gemeinden über die Kantone (oder Bundesländer) und die Sozialversicherungen bis hin zum Zentralstaat und alle Staatsbereiche im engeren Sinne. Dies hat wichtige Konsequenzen für die Vergleichbarkeit der Länder. Zwar kennt die Schweiz obligatorische Krankenkassenprämien, doch ist das Schweizer Gesundheitswesen privatwirtschaftlich organisiert (freie Krankenkassenwahl). Ein Grossteil der Gesundheitskosten wird nicht steuerfinanziert. Die Personalausgaben in dem Bereich werden folglich nicht dem Sektor Staat zugerechnet.

4.1 Die gesamtstaatlichen Personalausgaben im europäischen Vergleich

Deutschlands Bevölkerung ist rund 10 mal so gross wie die der Schweiz. Ein Vergleich der totalen Verwaltungsausgaben in Schweizer Franken oder in Euro ist – ganz offensichtlich – nicht zielführend. Staatsausgaben, -einnahmen und Schulden werden in internationalen Vergleichen oft ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), also der Wirtschaftsleistung, eines Landes gesetzt. Abbildung 2 steht in dieser Tradition und setzt die staatlichen Personalausgaben (dunkle Farbe) sowie die Gesamtausgaben (helle Farbe) ins Verhältnis zum BIP. Die Balken repräsentieren die Werte für 2022 und die Punkte die Vergleichswerte für das Jahr 1996.

Für die meisten Länder ist der Anteil der Gesamtausgaben am BIP seit 1996 leicht gefallen, während für die Personalausgaben keine deutliche Entwicklung zu erkennen ist. Daraus folgt, dass der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben in den meisten der betrachteten Staaten seit 1996 gestiegen ist. Für alle Länder gilt, dass die staatlichen Gesamt- und Personalausgaben nominal in Euro gemessen über den gesamten Zeitraum gewachsen sind. Fallende Anteile am BIP sind damit stets darauf zurückzuführen, dass das BIP schneller wuchs als die jeweilige staatliche Ausgabenkategorie. Die Schweiz liegt 2022 hinsichtlich Personalausgaben mit einem Wert von 7.3 % gleich nach Irland mit 5.7 % an zweitunterster Stelle der Länderübersicht. Die höchsten Personalausgaben im Verhältnis zum BIP weisen im Jahr 2022 die skandinavischen Länder auf. Beim Spitzenreiter Island belaufen sie sich auf 14.9 % des BIP. Eine detaillierte Auflistung aller Werte kann Tabelle 3 im Anhang entnommen werden.

Abbildung 2: Staatliche Personal- und Gesamtausgaben als Anteil des BIP im europäischen Vergleich

Die staatlichen Ausgaben in Prozent des BIP sind ein Indikator für den Anteil der gesamten wirtschaftlichen Leistung, der für die Erbringung der staatlichen Leistung eingesetzt wird. Die ökonomische Theorie besagt jedoch, dass sich der Staat auf die Produktion öffentlicher Güter beschränken und die übrigen Güter und Dienstleistungen dem Markt überlassen sollte (Tresch 2008). Für öffentliche Güter ist charakteristisch, dass sie, einmal produziert, von beliebig vielen Personen konsumiert werden können. Wächst die Bevölkerung aufgrund Zuwanderung oder aufgrund natürlichen Wachstums, müsste der Staat je Einwohner günstiger werden.

Stellt man die staatlichen Personalausgaben und die staatliche Beschäftigung ins Verhältnis zur Einwohnerzahl, gewinnen die Daten an Aussagekraft. Das Null-Wachstum ist dabei ein bedeutender Fixpunkt. Bevölkerungswachstum, Effizienzsteigerungen oder Leistungs- und Qualitätsabbau beim Staat führen zu negativem Wachstum. Positives Wachstum hingegen kann darauf zurückzuführen sein, dass die staatliche Aktivität oder deren Qualität zunimmt oder bei gleichbleibendem staatlichem Angebot die Kosten steigen. Steigen die staatlichen Kosten, während das Angebot gleich bleibt, wirft dies Fragen auf. Handelt es sich um einen Effizienzverlust oder stösst der Staat an Kapazitätsgrenzen aufgrund des Bevölkerungswachstums? Kapazitätsgrenzen wiederum kann es allerdings bei reinen öffentlichen Gütern nicht geben. Dies zeigt, dass die Pro-Kopf-Betrachtung der ideale Startpunkt für weiterführende Analysen ist. Die Pro-Kopf-Ausgaben sind auch als Indikator für die Opportunitätskosten von Interesse. Denn sie zeigen anschaulich auf, welche Ressourcen anderweitig als für die Verwaltung ausgegeben werden könnten – unabhängig davon, ob sie vom Ausland oder aus Steuern juristischer Personen finanziert werden.

Die Einkommen in der Schweiz sind im europäischen Vergleich hoch, gleichzeitig ist ein typischer Warenkorb im Vergleich zu fast allen anderen Ländern teurer, sprich die Kaufkraft des Schweizer Frankens ist im internationalen Vergleich hoch. Diesem Umstand wird in Abbildung 3 durch eine kaufkraftbereinigte Auflistung Rechnung getragen2.

Abbildung 3: Kaufkraftbereinigte staatliche Personal- und Gesamtausgaben in Franken je Einwohner im europäischen Vergleich

Bei Betrachtung der kaufkraftbereinigten Verwaltungskosten pro Kopf, also dem Betrag, den durchschnittlich jeder Einwohner jährlich für die staatliche Verwaltung aufbringen muss, zeigt sich aus Schweizer Perspektive ein anderes Bild als in der vorherigen Grafik. Unter den Ländern mit den höchsten staatlichen Personalausgaben befinden sich wiederum die skandinavischen Länder. Die höchsten Ausgaben entrichten jedoch die Luxemburger mit 14’876 Franken. Auch in Irland, Österreich und Belgien liegen die Ausgaben für das Staatspersonal je Einwohner im Jahr 2022 über den Schweizer Ausgaben, die 6’494 Franken betragen. Die Schweiz liegt damit im europäischen Mittelfeld.

Nach welchem Massstab die Verwaltungsausgaben international verglichen werden, ist somit für die Rangierung der Länder von hoher Relevanz. Dieser Umstand erfährt bisweilen in der öffentlichen Diskussion wenig Aufmerksamkeit, worauf im Schweizer Kontext insbesondere der Ökonom Reiner Eichenberger hinweist (Eichenberger 2016).

Wie sieht das Ausgabenwachstum im europäischen Vergleich aus? Abbildung 4 bildet das Wachstum der Personalausgaben je Einwohner im Zeitraum von 1996 bis 2022 und die Personalausgaben je Einwohner im Jahr 2022 ab. Die Punktgrösse spiegelt das BIP je Einwohner wider. Sowohl die Personalausgaben als auch das BIP sind kaufkraftbereinigt.

Abbildung 4: Kaufkraftbereinigte staatliche Personalausgaben je Einwohner im europäischen Vergleich

Zwischen 1996 und 2022 sind die Ausgaben für Staatsbedienstete in Osteuropa, allen voran in Rumänien mit 757 % am stärksten gestiegen. In den osteuropäischen Ländern mit vergleichsweise tiefen BIP pro Kopf kann nach dem Fall des Eisernen Vorhangs von einem Aufholeffekt gesprochen werden. Trotzdem fallen die Verwaltungsausgaben pro Kopf im Jahr 2022 noch vergleichsweise tief aus.

Im gleichen Zeitraum betrug das Wachstum in der Schweiz 107 %. Die Schweiz liegt im westeuropäischen Vergleich im Mittelfeld, jedoch über dem Wachstum in den Nachbarländern Deutschland (83 %), Frankreich (82 %), Italien (56 %) und Österreich (86 %). Es ist zu beachten, dass sich die generelle Aufwertung des Schweizer Franken auf die Statistik des kaufkraftbereinigten Personalausgabenwachstums auswirkt. Wertet der Schweizer Franken auf, stellt jeder für die Verwaltung ausgegebene Franken einen umso grösseren Verzicht auf Importe dar. Wie Tabelle 4 zu entnehmen ist, beträgt das Wachstum der staatlichen Personalkosten je Einwohner von 1996 bis 2022 nur 28 %, wenn die Entwicklung des Schweizer Preisniveaus, jedoch nicht die steigende Kaufkraft des Schweizer Frankens im Ausland berücksichtigt wird. Die Wachstumsraten der staatlichen Personalausgaben in den Nachbarländern fallen nach dieser Berechnungsart wiederum tiefer aus als in der Schweiz.

4.2 Personalausgaben nach Staatsebenen

Die Schweiz hat einen föderalen, nach dem Subsidiaritätsprinzip ausgerichteten Staatsaufbau. Deshalb nehmen die Gemeinden und Kantone die meisten Staatsaufgaben wahr. Im Jahr 2022 entfallen 15 % der staatlichen Personalausgaben auf den Bund, 56 % auf die Kantone und 28 % auf die Gemeinden.3 Nur in Deutschland ist der Anteil des Zentralstaates an den gesamten Personalausgaben mit 13 % noch tiefer.

Der föderale Aufbau der Schweiz spiegelt sich in den folgenden beiden Abbildungen wider. Abbildung 5 zeigt die kaufkraftbereinigten Personal- und Gesamtausgaben je Einwohner. Mit 987 Franken sind die zentralstaatlichen Ausgaben für Staatsbedienstete im Jahr 2022 in der Schweiz vergleichsweise niedrig. Nur im ebenfalls föderalistisch organisierten Deutschland waren sie niedriger (702 Franken). Weitere Kennzahlen zu den zentralstaatlichen Verwaltungsausgaben können Tabelle 5 im Anhang entnommen werden.

Abbildung 5: Kaufkraftbereinigte Personal- und Gesamtausgaben der Zentralstaaten je Einwohner im europäischen Vergleich

Als Gegenstück zum Zentralstaat veranschaulicht Tabelle 6 die Ausgaben der Gemeinden und Kantone. Die beiden Staatsebenen werden kombiniert dargestellt, weil nicht alle Länder beide Ebenen kennen. Die kaufkraftbereinigten Ausgaben je Einwohner für den Personalaufwand der Kantone und Gemeinden betragen in der Schweiz im Jahr 2022 5’452 Franken. Die Schweiz befindet sich zusammen mit den skandinavischen Ländern und Belgien in der Spitzengruppe noch vor Deutschland (4’083 Franken) und Österreich (4’068 Franken). Weitere Kennzahlen zu den Verwaltungsausgaben der Gemeinden und Kantone können Tabelle 6 im Anhang entnommen werden.

Abbildung 6: Kaufkraftbereinigte Personal- und Gesamtausgaben der Gemeinden und Kantone je Einwohner im europäischen

In absoluten Zahlen sind die kommunalen und kantonalen Personalausgaben je Einwohner kräftiger gestiegen als die des Bundes, obwohl die Wachstumsraten für den Bund 110 % und für die Kantone und Gemeinden 106 % betragen. Aufgrund des hohen Anteils an den staatlichen Gesamtausgaben prägen die Kantone und Gemeinden das absolute Kostenwachstum. Die Wachstumsraten können in Tabelle 7 im Anhang nachgeschlagen werden.

4.3 Personalausgaben nach Staatsfunktionen

Tätigen die untersuchten Staaten die Personalausgaben für die gleichen Staatsaufgaben, wie Verteidigung, Umweltschutz, Bildung und soziale Sicherung, oder gewichten sie die Aufgaben unterschiedlich? Abbildung 7 illustriert dies für die zehn staatlichen Hauptfunktionen gemäss internationalem Regelwerk. Auf den X-Achsen ist das Niveau der kaufkraftbereinigten staatlichen Personalausgaben je Einwohner im Jahr 2022 abgetragen und auf der Y-Achse deren Wachstum von 1996 bis 2022. Die jeweilige Punktgrösse spiegelt das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf wider.

Abbildung 7: Kaufkraftbereinigte staatliche Personalausgaben je Einwohner nach Staatsfunktionen im europäischen Vergleich
(a) Allgemeine öffentliche Verwaltung
(b) Verteidigung
(c) Öffentliche Ordnung und Sicherheit
(d) Wirtschaftliche Angelegenheiten
(e) Umweltschutz
(f) Wohnungswesen und kommunale Einrichtungen
(g) Gesundheitswesen
(h) Freizeitgestaltung, Kultur und Religion
(i) Bildungswesen
(j) Soziale Sicherung

Die Schweiz befindet sich 1996 in den drei Kategorien i) allgemeine öffentliche Verwaltung, ii) öffentliche Ordnung und Sicherheit und iii) Bildungswesen unter den Spitzenreitern. Die Daten sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen, wie die staatlichen Personalausgaben im Bereich des Gesundheitswesens zeigen. Das Schweizer Gesundheitswesen ist nicht gratis. Es hinterlässt aber in der offiziellen Statistik in personeller Hinsicht nur einen geringen staatlichen Fussabdruck, weil es viele Aktivtäten an private und halbprivate Marktakteure auslagert. Die staatliche Unterstützung fliesst dem Schweizer Gesundheitswesen in Form von Transfer- und Investitionszahlungen zu.

Das gesamtstaatliche Verwaltungswachstum liegt in den osteuropäischen Ländern zumeist über den westeuropäischen Wachstumsraten. Dieses Muster setzt sich in den meisten staatlichen Aktivitätsbereichen fort. Lässt man die osteuropäischen Länder aussen vor und vergleicht die Schweiz mit den westeuropäischen Ländern, zeigt sich: Die Schweiz weist in keinem Bereich ein höheres Wachstum aus als der Durchschnitt der Vergleichsländer. Am stärksten gestiegen sind in der Schweiz die Verwaltungsausgaben in den Bereichen i) soziale Sicherung (135 %), ii) Wohnungswesen und kommunale Einrichtungen (215 %), iii) allgemeine öffentliche Verwaltung (132 %), iv) öffentliche Sicherheit (124 %) und v) Bildungswesen (115 %). Einen vertieften Einblick mit zusätzlichem Datenmaterial bietet Tabelle 8 im Anhang.

5 Staatliche Personalausgaben in der Schweiz

Zusammenfassung
  • Die staatlichen Personalausgaben sind in der Schweiz von 1996 bis 2007 insgesamt um 8.3 Milliarden Franken bzw. um 17 % und von 2008 bis 2021 um 14.8 Milliarden Franken bzw. um 34 % gestiegen.
  • Die Zeitreihen der staatlichen Ausgaben weisen Strukturbrüche auf. Nennenswert ist das Jahr 2008, als einerseits die Einführung des NFA zu Aufgaben- und Ausgaben-Verschiebungen zwischen den Staatsebenen führte. Anderseits führten Änderungen in der Statistik im Gesundheitsbereich zu einem Rückgang der Verwaltungsausgaben.
  • Das Wachstum hat sich seit 2008 auf allen Staatsebenen beschleunigt. Die Ausgaben des Bundes wachsen mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 2.6 % schneller als jene der Kantone und Gemeinden.
  • Die konsolidierten Kantons- und Gemeindeausgaben für die Verwaltung je Einwohner sind in den Kantonen Basel-Stadt (9’579 Franken) und Genf (9’554 Franken) am höchsten und in den Kantonen Aargau und Schwyz (3’653 und 3’652 Franken) am tiefsten.
  • In den urbanen Kantonen sind vor allem die Personalausgaben für Kultur, Sport und Freizeit, Kirche, Umweltschutz und Raumordnung, Gesundheit oder Öffentliche Ordnung und Sicherheit, Verteidigung hoch, während in kleineren Kantonen und solchen mit geo-topografisch anspruchsvollen Verhältnissen die Ausgaben für den Verkehr und die Nachrichtenübermittlung und die Volkswirtschaft vergleichsweise hoch ausfallen.

Die Daten zu den Personalausgaben der verschiedenen Staatsebenen stammen von der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV). Sie sind aufbereitet nach dem sogenannten FS-Modell, das auf dem Harmonisierten Rechnungslegungsmodell der Kantone und Gemeinden (HRM2) basiert. Gegenüber den Eurostat-Daten, die in Kapitel 4 verwendet wurden, sind sie detaillierter und lassen Auswertungen nach Kantonen zu.

Das Rechnungslegungsmodell hat in den letzten Jahren zahlreiche Revisionen erfahren. Ausserdem fanden in der Schweiz bedeutende finanzpolitische Reformen statt. Sowohl die statistischen Revisionen, insbesondere im Bereich des Gesundheitswesens, als auch die NFA führen zu Brüchen in der Datenreihe. Im Sinne der Einheitlichkeit zwischen den Kapiteln und mit Blick auf die Datenqualität wurde das Jahr 1996 als Startzeitpunkt für den nationalen und internationalen Vergleich der Personalausgaben gewählt.

5.1 Personalausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden im Zeitverlauf

Abbildung 8 illustriert die Personalausgaben aller Staatsebenen im Zeitraum von 1996 bis 2021. Wie erwähnt beinhalten die Zeitreihen Strukturbrüche, wobei jener im Jahr 2008 der bedeutendste war. In der Abbildung sind jeweils die Wachstumsraten vor und nach dem Strukturbruch ausgewiesen und zwar als durchschnittliche jährliche Wachstumsraten. So können die Zeiträume trotz unterschiedlicher Länge miteinander verglichen werden.

Der Strukturbruch im Jahr 2008 geht im Wesentlichen auf den NFA und die Revision der Statistik im Bereich des Gesundheitswesens zurück und tangierte in erster Linie die Gemeinden und Kantone. Im Jahr 2021 fielen knapp 32.6 Milliarden Franken Personalausgaben auf Stufe der Kantone an; dies ist mehr als die Personalausgaben der Gemeinden und des Bundes zusammen.

Seit 2008 steigen die Ausgaben des Bundes mit 2.6 % jährlich am stärksten, gefolgt von den Kantonen mit 2.4 % und den Gemeinden mit 1.7 %. Gleichzeitig hat sich das Wachstum im Vergleich zur Zeit vor dem Strukturbruch auf allen Staatsebenen beschleunigt, bei den Gemeinden allerdings nur marginal.

Ist der Strukturbruch für die Beschleunigung des Wachstums verantwortlich, weil wachstumsschwache Aufgaben aus dem Sektor Staat ausgegliedert wurden? Davon ist nicht auszugehen. Die Beschäftigung ist im Gesundheitsbereich über den gesamten Zeitraum stark gewachsen, sowohl in absoluten Zahlen als auch in Relation zur Bevölkerungszahl (siehe Abschnitt 6.4). Dies legt nahe, dass sich das Personalkostenwachstum im Sektor Staat nicht dank, sondern trotz der Auslagerung von Wachstumstreibern seit 2008 beschleunigt hat.

Abbildung 8: Personalausgaben nach Staatsebenen

Abbildung 9 zeigt sowohl das Wachstum als auch das Niveau der kantonalen und kommunalen Personalausgaben je Einwohner und Kanton für den Zeitraum von 1996 bis 2021. Das Wachstum wird separat für die Zeiträume 1996 bis 2007 und 2008 bis 2021 und die Niveaus der Ausgaben je Einwohner für die Jahre 2007 und 2021 ausgewiesen.

Abbildung 9: Wachstum und Niveau der kantonalen und kommunalen Personalausgaben je Einwohner

Ins Auge springen die beiden Ausreisser Basel-Stadt (9’579 Franken) und Genf (9’554 Franken). Die beiden Stadtkantone weisen ein sehr hohes Ausgabenniveau auf, das in beiden Zeiträumen deutlich über dem der anderen Kantone liegt. Dahinter folgen Neuenburg, Zürich und die Waadt. Mit 3’652 Franken pro Einwohner sind die Ausgaben in Schwyz am tiefsten; im Aargau, Appenzell Innerrhoden und Obwalden sind sie nur geringfügig höher. In der Tendenz liegen die Ausgaben in kleineren Kantonen unter dem Level grösserer Kantone.

Aufgrund des Strukturbruchs sind die Ausgaben im Zeitraum 2008 bis 2021 im oberen Schaubild nicht direkt mit jenen im Zeitraum 1996 bis 2007 im unteren Schaubild vergleichbar. Es zeigt sich jedoch, dass die Ausgaben je Einwohner in einigen Kantonen wie Basel-Stadt, Genf, Neuenburg, Zürich und Waadt stets hoch waren und in den letzten Jahren vergleichsweise stärker gewachsen sind. Am tiefsten war das Wachstum der Personalausgaben im letzten Jahrzehnt in den Kantonen Aargau, Schaffhausen, Luzern und allen voran Basel-Land, wo es nur 7.5 % betrug. Die Personalausgaben und deren Wachstum sind einzeln für alle Kantone ebenfalls in Tabelle 9 im Anhang aufgeführt.

5.2 Personalausgaben nach Funktionen

Abbildung 10 zeigt die nach 10 Funktionen gegliederten Ausgaben in Franken pro Kopf im Jahr 2021 und deren Wachstum von 2008 bis 2021. Die Ausgaben der Kantone und Gemeinden sind jeweils zusammengefasst. Die Durchschnittswerte der kantonalen und kommunalen Personalausgaben sind als rote Punkte abgebildet. Die Punktgrösse spiegelt für die Kantone jeweils deren Bevölkerung wider.

Abbildung 10: Wachstum und Niveau der kantonalen und kommunalen Personalausgaben je Einwohner von 2008 bis 2021 nach Funktionen
(a) Allgemeine öffentliche Verwaltung
(b) Öffentliche Ordnung und Sicherheit, Verteidigung
(c) Bildung
(d) Kultur, Sport und Freizeit, Kirche
(e) Gesundheit
(f) Soziale Sicherheit
(g) Verkehr und Nachrichtenübermittlung
(h) Umweltschutz und Raumordnung
(i) Volkswirtschaft
(j) Finanzen und Steuern

Die Kantone weisen im Bereich Bildung die höchsten Personalausgaben aus, während beim Zentralstaat der Ausgabenschwerpunkt bei den Funktionen allgemeine Verwaltung 4, öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie Verteidigung liegt. Im Allgemeinen liegen die Ausgaben des Zentralstaats je Einwohner niedriger als die der meisten Kantone und ihrer Gemeinden.

Die beiden Stadtkantone Basel-Stadt und Genf nehmen in den Bereichen allgemeine Verwaltung, Bildung, Finanzen und Steuern, Gesundheit, Kultur, Sport und Freizeit und Kirche, öffentliche Ordnung, soziale Sicherheit und Umweltschutz Spitzenpositionen bei den Personalkosten pro Kopf ein. Kleinere Kantone und solche mit geo-topografisch anspruchsvollen Verhältnissen geben hingegen in den Bereichen Verkehr, Nachrichtenübermittlung und Volkswirtschaft vergleichsweise viel aus.

6 Beschäftigung im öffentlichen Sektor

Zusammenfassung
  • Nach offizieller Statistik beträgt die Beschäftigung im öffentlichen Sektor – dieser umfasst den Sektor Staat, die öffentlichen Unternehmen und die Institute des öffentlichen Rechts – im Jahr 2021 620’000 Vollzeitäquivalente (VZÄ), bei den privaten Unternehmen sind knapp 3.6 Millionen VZÄ beschäftigt.
  • Nach eigener, konservativer Schätzung beträgt die Beschäftigung im öffentlichen Sektor 17.4 %. Gemäss dieser Schätzung ist der öffentliche Sektor seit 2011 um 15.9 % und die Privatwirtschaft um 10.7 % gewachsen.
  • Rund ein Drittel der öffentlichen Beschäftigung wird ausserhalb des Sektors Staat bei den öffentlichen Unternehmen und Instituten des öffentlichen Rechts verrichtet.
  • Bei den öffentlichen Unternehmen und Instituten des öffentlichen Rechts nahm die Beschäftigung von 2011 bis 2021 aufgrund der Privatisierung der Post im Jahr 2013 um -2.5 % ab. Ab 2013 wuchs die Beschäftigung wieder (9.2 %).
  • Das Gesundheits- und Sozialwesen war 2021 mit 120’000 VZÄ das wichtigste Betätigungsfeld für öffentliche Unternehmen und Institute.
  • Die Beschäftigung wuchs von 2011 bis 2021 auf allen Staatsebenen. Das Wachstum betrug bei den Gemeinden 19.5 %, bei den Kantonen 14.1 % und beim Bund 5.1 %. Zu beachten ist, dass anhand der verfügbaren Daten nicht alle Beschäftigten im öffentlichen Sektor zweifelsfrei einer der drei Staatsebenen zugerechnet werden können. Der übrige Staatssektor, der vorwiegend den Bildungs- und Erziehungsbereich umfasst und in die Kompetenz der Kantone und Gemeinden fällt, verzeichnete ein Wachstum von 10.9 %.
  • Der Akademikeranteil nahm von 2011 bis 2022 im Schweizer Arbeitsmarkt durchweg zu. In der Privatwirtschaft stieg der Anteil um 10 Prozentpunkte. In den öffentlichen Verwaltungen schritt die Akademisierung mit 18 Prozentpunkten beim Bund am schnellsten voran, gefolgt von den Kantonen mit 8 Prozentpunkten und den Gemeinden mit 7 Prozentpunkten.
  • Von 2011 bis 2021 nahm die Beschäftigung in den Verwaltungen der Kantone, Bezirke und Gemeinden in Relation zur Einwohnerzahl in drei Kantonen ab. In absoluten Zahlen ging die Beschäftigung nur im Kantone Uri zurück. Der Rückgang der Beschäftigung in den Verwaltungen je Einwohner geht somit zumeist auf das Bevölkerungswachstum zurück.

Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor und die Veränderungen über die Zeit können für die Schweiz anhand der Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) untersucht werden. Die seit 2011 jährlich vom Bundesamt für Statistik aktualisierte und veröffentlichte Statistik schlüsselt die Beschäftigung nach der allgemeinen Systematik der Wirtschaftszweige (NOGA), der Rechtsform der Unternehmen und deren Standortkantonen auf.

Kapitel Kapitel 4 und Kapitel 5 stützen sich auf die Finanzstatistik des öffentlichen Sektors. Die Finanzstatistik ist tief, aber nicht breit. Sie erlaubt es, die Ausgaben und Einnahmen des Staates filigran nach Staatsebenen und Funktionsbereichen aufzuschlüsseln. Was nach klassischer Manier nicht zum Sektor Staat gehört, fliesst allerdings auch nicht in die Statistik ein.

Mit STATENT verhält es sich umgekehrt. Die Statistik ist eine Vollerhebung der Betriebsstätten in der Schweiz und damit breit, aber nicht tief. Zwei relevante Einschränkungen liegen vor. Erstens sind die öffentlichen Verwaltungen von Körperschaften und die Institute des öffentlichen Rechts nicht nach Staatsebenen aufgeschlüsselt. Zweitens weisen die aggregierten Beschäftigungszahlen darauf hin, dass nicht alle Unternehmen als öffentliche Unternehmen klassiert sind, obwohl sie im Besitz der öffentlichen Hand sind oder im Wesentlichen vom Staat kontrolliert werden. Zweifelsfreie Schlussfolgerungen sind allerdings nicht möglich, weil es sich um anonymisierte Daten handelt.

Als Zielgrösse wird in diesem Kapitel die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) untersucht. Im Vergleich zu der absoluten Anzahl der Anstellungen wird damit der Anstellungsgrad der Arbeitnehmenden berücksichtigt.

6.1 Beschäftigung im Sektor Staat und nach Staatsebenen

Von 2011 bis 2021 wuchs die Bevölkerung der Schweiz von 7.95 Millionen Einwohnern um 9.9 % auf 8.74 Millionen an. Im selben Zeitraum nahm die Beschäftigung bei den privaten Unternehmen um 10.9 % und im Sektor Staat um 17.3 % zu, wie Abbildung 11 zu entnehmen ist.

Das Wachstum zieht sich durch alle staatlichen Ebenen hindurch, wobei die Bundesverwaltung mit 5.1 % im genannten Zeitraum noch den geringsten Wert aufweist. Die Kantonsverwaltungen wuchsen über alle Kantone hinweg um 14.1 %, die Verwaltungen der Gemeinden gar um 19.5 %.

Das Wachstum auf Kantons- und Gemeindeebene wird durch die Residualkategorie übriger Staatssektor, der im Wesentlichen aus den öffentlichen Verwaltungen von Körperschaften besteht, verstärkt. Die Beschäftigten dieser Kategorie können zwar nicht eindeutig einer Ebene zugeordnet werden. Zur Kategorie gehören allerdings vor allem Bildungs- und Erziehungsanstalten, die primär in der Kompetenz der Kantone und Gemeinden liegen. In diesem Bereich wuchs die Beschäftigung um 28.0 %. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass sich die öffentliche Debatte hinsichtlich des Beschäftigungswachstums im staatlichen Sektor vorwiegend auf die Bundesverwaltung konzentriert.

Der scheinbare Rückgang von -2.5 % innerhalb der öffentlichen Unternehmen und Institute dürfte auf die Umwandlung der Schweizer Post in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft im Jahr 2013 zurückzuführen sein. Die Post bleibt allerdings in vollständigem Besitz des Bundes. Wir gehen in den Abschnitten 6.4 und 6.5 weiter auf die Abgrenzungsthematik zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen ein. Ein unverzerrtes Bild bringt in diesem Fall die Betrachtung des engeren Zeitraums der Jahre 2013 bis 2021. Hier zeigt sich für öffentliche Unternehmen und Institute ein Wachstum von 9.2 %. An dieser Stelle sei grundsätzlich darauf hingewiesen, dass wir in den Abschnitten 6.1 bis 6.3 die Daten unverändert aus den amtlichen Quellen übernehmen. In Abschnitt 6.4 zeigen wir auf, welcher Anpassungsbedarf aus unserer Sicht gegenüber den amtlichen Quellen angebracht ist.

Abbildung 11: Wachstum der Vollzeitäquivalente im staatlichen und nicht staatlichen Sektor

Der Schweizer Arbeitsmarkt umfasst im Jahr 2021 4.2 Millionen VZÄ. Wie Abbildung 12 illustriert, entfallen 10.0 % auf den Sektor Staat, 4.8 % auf die öffentlichen Unternehmen und Institute und 85.2 % auf den privaten Sektor. Auf eine vollwertige Arbeitskraft im staatlichen Sektor kommen also 8.5 Arbeitskräfte im privaten Sektor und 0.5 Arbeitskräfte in den öffentlichen Unternehmen und Instituten.

Die Beschäftigung im Sektor Staat (rote Balken) summiert sich zu 420’000 VZÄ, während die öffentlichen Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts (orange Balken) 200’000 VZÄ beschäftigen. Folglich entfällt ein Drittel der staatlichen oder staatsnahen Vollzeitäquivalente auf die öffentlichen Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts, die in der Finanzstatistik nicht berücksichtigt werden, da sie nicht dem institutionellen Sektor Staat zugerechnet werden. Die meisten VZÄ im Sektor Staat entfallen mit 186’000 auf die Kantonsverwaltungen, gefolgt von den Gemeindeverwaltungen mit 106’000. Weiterführende Zahlen zur Beschäftigung in den staatlichen Sektionen sind in Tabelle 10 im Anhang zu finden.

Abbildung 12: Vollzeitäquivalente im staatlichen und nicht staatlichen Sektor im Jahr 2021

Welche Erkenntnisse sind aus dem kantonalen Querschnitt der VZÄ in den Verwaltungen der Kantone, Bezirke und Gemeinden je Einwohner im Jahr 2021 und dem Wachstum von 2011 bis 2021 zu ziehen? In den Kantonen Basel-Stadt, Genf und Neuenburg fallen die VZÄ pro Einwohner am höchsten aus, wie Abbildung 13 zu entnehmen ist. Die Kantone Nidwalden und Tessin verzeichneten ein besonders hohes Wachstum.

Drei Kantone verzeichneten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl zwischen 2011 und 2021 kein Wachstum oder sogar einen Rückgang der Beschäftigung in den Verwaltungen von Kanton, Gemeinden und Bezirken. Insgesamt sind zwischen bevölkerungsschwachen und bevölkerungsstarken Kantonen keine unterschiedlichen Wachstumstrends auszumachen. Es gibt somit keine Anzeichen für Skaleneffekte: Grösseneffekte können augenscheinlich nicht realisiert werden.

Abbildung 13: Wachstum und Niveau der Vollzeitäquivalente je Einwohner nach Kantonen

6.2 Übrige Beschäftigung im Sektor Staat

Innerhalb des Sektors Staat macht die Verwaltung im Jahr 2021 mit 79 % den grössten Anteil aus. Der übrige Staatssektor, der grösstenteils aus den öffentlichen Verwaltungen von Körperschaften besteht, kann anhand der Systematik der Wirtschaftszweige präziser charakterisiert werden.

Die Auswertung nach Wirtschaftszweigen offenbart, dass 17 % der Beschäftigung im Sektor Staat auf Erziehung und Unterricht entfällt. Hier beträgt das Wachstum 27 %. Die verbleibenden 3 % Beschäftigung im Sektor Staat sind geprägt durch den Bereich Gesundheits- und Sozialwesen. Zur Erinnerung: Das Gros der Beschäftigten im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen ist ausserhalb des Sektors Staat angesiedelt. Die Bedeutung des hohen Beschäftigungswachstums von 79 % in der Schnittmenge aus dem Sektor Staat und Gesundheits- und Sozialwesen relativiert sich damit.

6.3 Beschäftigung der öffentlichen Unternehmen und Institute

Mit ca. 203’000 Vollzeitäquivalenten im Jahr 2021 entfällt rund ein Drittel der staatlichen oder staatsnahen Beschäftigung auf die öffentlichen Unternehmen oder Institute des öffentlichen Rechts. Sie bleiben auch nach Auslagerungen aus dem Sektor Staat oder Privatisierungen in staatlicher Hand oder sind stark durch staatliche Regulierungen geprägt und verdienen eine eigene Betrachtung.

Im Jahr 2011 waren es 208’000 Vollzeitäquivalente. Der rückläufige Trend dürfte im Zusammenhang mit der Rechtsformänderung der Schweizer Post zu einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft stehen. So ist im Wirtschaftszweig Verkehr und Lagerei zeitgleich mit der Rechtsformänderung von 2012 auf 2013 auf einen Schlag ein Rückgang von 31‘000 VZÄ mit dem Status öffentlicher Sektor zu beobachten. Das Beispiel der Post illustriert die Abgrenzungsproblematik zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen. Auch nach dem statistischen Statuswechsel verbleiben die Post und mit ihr die im Jahr 2013 ausgelagerte Tochter PostFinance zu 100 % in staatlichem Besitz.

In welchen Wirtschaftszweigen sind die öffentlichen Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts aktiv und wachsen sie? Aus Abbildung 14 geht hervor, dass die Beschäftigung bei den öffentlichen Unternehmen und Instituten in fünf von sieben Wirtschaftszweigen wächst. Den Spitzenplatz nimmt die Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen mit einem Wachstum von 29.0 % ein. Hierbei handelt es sich primär um Forschungsinstitute im naturwissenschaftlichen Bereich wie das Paul-Scherrer-Institut. Auf den weiteren Plätzen folgen Teile des Versorgungswesens (Abwasser, Wasser, Abfall) sowie das Gesundheits- und Sozialwesen.

59 % der VZÄ der öffentlichen Unternehmen und Institute entfallen auf das Gesundheits- und Sozialwesen. Nur weil die Beschäftigung der (gemäss offizieller Statistik) nicht staatlichen Unternehmen im Gesundheits- und Sozialwesen noch schneller wuchs, verringerte sich der staatliche Beschäftigungsanteil im Wirtschaftszweig von 26.6 % auf 23.6 %.

Im Bereich der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen hält sich die Beschäftigung mit einem Wachstum von 9.2 % vergleichsweise stabil, wobei hier am ehesten ein natürlicher Rückgang zu erwarten gewesen wäre, da Dienstleistungen aus dem Finanz- und Versicherungsbereich stark der Digitalisierung unterzogen werden. Die öffentliche Beschäftigung in diesem Bereich geht vorwiegend auf die Kantonalbanken zurück.

Wie in Abschnitt 7.2 erwähnt, dürfte der starke Rückgang im Bereich des Verkehrs und der Lagerei auf die Umwandlung der Schweizer Post in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft im Jahr 2013 zurückzuführen sein. Werden die VZÄ gemäss dem Geschäftsbericht der Schweizer Post sowie ihrer Tochter PostFinance im Jahr 2021 hinzugerechnet, dann ergibt sich ein anderes Bild: Anstelle von Stellenabbau bleibt die Beschäftigung mit einem minimen Wachstum von unter einem Prozent stabil.

Abbildung 14: Öffentliche Unternehmen nach Wirtschaftszweigen

6.4 Beschäftigung vom Kern der Verwaltung zur staatlichen Peripherie

Ein genauer Blick in die Daten zeigt, dass viele Beschäftigte in öffentlichen Unternehmen und Instituten tätig sind, auf die der Staat einerseits als Besitzer Einfluss hat; andererseits unterliegen die Aktivitäten dieser Entitäten oft einschneidenden Regulierungen oder sie operieren in Märkten mit eingeschränktem Wettbewerb.

Der im vorangehenden Abschnitt besprochene Fall der Schweizer Post und deren Verschiebung in den privaten Sektor im Jahr 2013 zeigt, dass sich ein genauerer Blick auf die Daten lohnt. In der amtlichen Einteilung der Unternehmen und Institute dürften zahlreiche Entitäten als privat kategorisiert sein, obwohl sie direkt oder indirekt über andere Staatsunternehmen im Mehrheitsbesitz des Staates sind.

Abbildung 15 präsentiert eine Gesamtschau der Entwicklung der staatlichen und staatsnahen Beschäftigung gegliedert nach Einflusssphären. Wir ergänzen die amtlichen Beschäftigungszahlen für den öffentlichen Bereich, wo dies mit hoher statistischer Sicherheit und wenig Interpretationsspielraum angezeigt und möglich ist. Zu diesem Zweck greifen wir auf die öffentlich zugänglichen Beschäftigungsangaben aus der konsolidierten Rechnung des Bundes und den Geschäftsberichten staatlicher Unternehmen zurück. Wo wir aufgrund der Anonymisierung der Daten nicht wissen, welche Unternehmen in der offiziellen Statistik dem öffentliche oder dem privaten Sektor zugeordnet sind, funktioniert dieser Ansatz nicht. Als weiterer Ansatz ziehen wir die Beschäftigungszahlen nach Branchen zur Rate. Dieser Ansatz funktioniert dann, wenn in einer Branche fast ausschliesslich öffentliche Unternehmen tätig sind.

Die Vollzeitäquivalente des dunkelblau dargestellten Staatssektors, zu dem die Verwaltung und öffentliche Körperschaften gehören, werden in den gängigen Statistiken dem Staat zugerechnet. STATENT, die Datenquelle, die diesem Kapitel zugrunde liegt, identifiziert für zahlreiche Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts die Besitzverhältnisse, indem zwischen privat und öffentlich unterschieden wird. Die offizielle Statistik weist die beiden blauen Balken als “öffentlich” aus.

Wird die Beschäftigung der Post der staatlich geprägten Beschäftigung zugerechnet, steigt diese als Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigung in der Schweiz von 14.9 % im Jahr 2011 auf 15.6 % im Jahr 2021 an. Die offiziellen Daten (blaue Balken) weisen hingegen einen leichten Rückgang auf 14.8 % aus. Analog verhält es sich im Rundfunk mit der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) als Verein mit staatlicher Konzession und der Telekommunikation mit der Swisscom als grosses staatliches Unternehmen. In hellgrüner Farbe nehmen wir die entsprechenden Ergänzungen vor.

Auch im Bereich Verkehr und Transport sind im Unterhalt von Bahnhöfen und Tochtergesellschaften der SBB sowie in der Flugsicherung zahlreiche Unternehmen tätig, die (grossmehrheitlich) direkt oder via andere Staatsbetriebe im Besitz des Staates sind. Die Energie- und Wasserversorgung definieren wir aufgrund des Versorgungsauftrages auf Gemeindeebene auch als der staatlichen Sphäre zugehörig. Somit sind alle Unternehmen wie die BKW Energie AG oder die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) berücksichtigt. Die Unternehmen sind in der Abbildung wiederum dem hellblauen Balken zugeordnet, falls sie bereits in der amtlichen Statistik als öffentliche Unternehmen geführt wurden. Ansonsten sind sie den grünen oder orangen Balken zugeordnet. Als sonstige fassen wir die Posttochter PostFinance sowie Teile der Forstwirtschaft zusammen.

Wir sind bei der Zuteilung grundsätzlich konservativ vorgegangen. Dies zeigt sich insbesondere im stark privatisierten Gesundheitssektor. Zwar sind zahlreiche Akteure im Gesundheitssektor bereits als “öffentliche Unternehmen und Institute” definiert. Es bestehen allerdings Zweifel, ob alle Krankenhäuser und Pflegeheime in öffentlichem Besitz auch als solche im Datensatz erfasst wurden. Ausserdem sind auch die privatwirtschaftlichen Unternehmen im Gesundheitswesen stark der staatlichen Regulierung und Preissetzung ausgesetzt. Aufgrund der schwer durchführbaren Abgrenzung zwischen privat und öffentlich in diesem Bereich lassen wir den Gesundheitssektor jedoch aussen vor. Ein ähnliches, wenn auch weniger gewichtiges Bild lässt sich im privaten Bildungssektor zeichnen. Für einen staatlichen Einfluss liesse sich beispielsweise bei privaten Schulen argumentieren, die aufgrund eines Versorgungsauftrages öffentliche Gelder beziehen. Im Bereich der Herstellung von Waffen und Munition nehmen wir gegenüber der amtlichen Statistik mangels Daten keine Anpassung vor. Aufgrund des zurückhaltenden Vorgehens fällt der Anteil der öffentlichen Beschäftigung am Gesamtarbeitsmarkt nach unserer Berechnungsweise tiefer aus als die von Rühli und Hutter (2024) geschätzten 23 %. Die Autoren rechnen unter anderem 47 % der Beschäftigten in der Landwirtschaft aufgrund der Einkünfte aus Subventionen der öffentlichen Beschäftigung zu.

Die verfeinerte Abgrenzung erhöht die öffentliche Beschäftigung um 108’000 VZÄ von ca. 622’000 VZÄ auf 730’000 im Jahr 2021. Dies entspricht rund 17.4 % des Schweizer Arbeitsmarkts. Zugleich ergibt sich aus unserer Schätzung im Zeitraum 2011 bis 2021 ein Beschäftigungswachstum von 15.9 % für den öffentlichen Sektor gegenüber 10.7 % in der Privatwirtschaft.

Abbildung 15: Beschäftigung in der staatlichen Einflusssphäre

6.5 Beschäftigung nach Bildungsniveau

Das Bildungsniveau der Beschäftigten kann einerseits ein Indikator für die Leistungsfähigkeit staatlicher Einheiten oder privater Unternehmen sein. Andererseits gibt das Bildungsniveau der Beschäftigten Auskunft über die Fachkräfte, die von der Privatwirtschaft und vom Staat für ihre Zwecke absorbiert werden.

Abbildung 16 schlüsselt die Beschäftigung (in VZÄ) nach höchstem Bildungsabschluss auf. Dazu greifen wir auf die Individualdaten aus der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) zurück. Die Daten werden im nächsten Kapitel, wo sie für die Lohnanalyse intensiver eingesetzt werden, ausführlicher beschrieben. Aufgrund statistischer Unsicherheiten sind die Institute des öffentlichen Rechts und die öffentlichen Unternehmen nicht abgebildet.

Abbildung 16: Akademikeranteil beim Staat und in der Privatwirtschaft

Formal höhere Bildungsabschlüsse sind im Schweizer Arbeitsmarkt auf dem Vormarsch. Das zeigt insbesondere der Blick auf den Akademikeranteil, also der Anteil der Vollzeitäquivalente, der auf Universitäts- und Fachhochschulabschlüsse entfällt. Der Akademikeranteil ist beim Staat und in der Privatwirtschaft gestiegen, allerdings mit unterschiedlichem Tempo. In der Privatwirtschaft betrug das Wachstum von 2009 bis 2022 rund 10 Prozentpunkte. Das Wachstum fiel bei den Kantonen mit 8 Prozentpunkten praktisch gleich hoch aus und bei den Gemeinden mit 7 Prozentpunkten unwesentlich tiefer.

In den übrigen Teilbereichen des Staates fiel das Wachstum demgegenüber deutlich höher aus. So wuchs der Akademikeranteil beim Bund um 18 Prozentpunkte und beim übrigen Staatssektor ohne den Bereich der Bildung um 9 Prozentpunkte. Selbst im Bildungsbereich, der 2009 bereits auf sehr hohem Niveau startet, nahm der Anteil um 10 Prozentpunkte zu. Die Grafik fördert somit eine aus föderaler Perspektive interessante Erkenntnis zutage: Die Akademisierung der Verwaltung steigt mit den Staatsebenen, das heisst von den Gemeinden über die Kantone bis zum Bund an.

7 Löhne in den öffentlichen Verwaltungen

7.1 Einleitung

Die Lohnunterschiede zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor fanden jüngst Eingang in die finanzpolitische Debatte (Schaltegger und Eugster 2020; Portmann, Blümel und Schaltegger 2023a; Fischer 2023; Vonplon und Aschwanden 2023). Für die Brisanz des Themas gibt es gute Gründe. Mit der Eintrübung der Finanzlage des Bundes steigt der Rechtfertigungsdruck für sämtliche Ausgaben – eingeschlossen die rund 10 Prozent der Ausgaben für das Bundespersonal.

Doch auch losgelöst von der Aktualität verdienen die überwiegend aus Steuern finanzierten staatlichen und staatsnahen Löhne besondere Aufmerksamkeit. Private Unternehmen müssen Gewinne erwirtschaften, um langfristig bestehen zu können (Gunderson 1979). Für sie ist die Produktivität – genauer das Grenzprodukt der Arbeit – ein zentraler Ankerpunkt für die Lohnfindung (Borjas 2013). Im öffentlichen Sektor hingegen werden viele Güter und Dienstleistungen von Monopolen oder Oligopolen bereitgestellt. Der Mangel an Wettbewerb schränkt die Anreize für einen optimalen Ressourceneinsatz ein und führt zu einem Informationsdefizit. Nichts gibt letztlich mehr Aufschluss über die wahren Präferenzen der Nachfrager als ihr Kaufverhalten unter Wettbewerbsbedingungen mit Wahlmöglichkeiten.5 Und schliesslich fehlen im öffentlichen Sektor häufig strikte Budgetrestriktionen, die Effizienzanreize setzen (z. B. Kornai, Maskin und Roland 2003).

Abbildung 17: Durchschnittliche Bruttoerwerbseinkommen: Wachstum seit 2008 und Niveau im Jahr 2021

Anlass zu Diskussionen geben regelmässig die jährlich vom Bundesamt für Statistik publizierten Lohnstatistiken. Abbildung 17 zeigt sowohl das durchschnittliche jährliche Bruttojahreseinkommen für ein 100 %-Pensum im Jahr 2021 als auch dessen Wachstum seit 2008 gegliedert nach Sektoren und Verwaltungen.6 Spitzenreiter ist die Bundesverwaltung mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 118’457 Franken. Auch in den Kantons- und Gemeindeverwaltungen und den übrigen Organisationen im staatlichen Sektor (öffentliche Verwaltungen von Körperschaften und Instituten des öffentlichen Rechts) liegen die durchschnittlichen Gehälter über jenen in der Privatwirtschaft, in der sie durchschnittlich 92’723 Franken betragen. Im Schnitt liegen die Jahreseinkommen in den öffentlichen Unternehmen7 mit 92’704 Franken hingegen tiefer als in der Verwaltung.8

Der Vergleich der Rohdaten verdeutlicht, dass im öffentlichen Sektor im Durchschnitt höhere Löhne gezahlt werden. Die Stellenprofile und damit die Qualifikationen der Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor unterscheiden sich allerdings erheblich von den Stellenprofilen in der Privatwirtschaft. Aus den Rohdaten geht folglich nicht hervor, ob für gleichwertige Arbeit in beiden Sektoren gleiche Löhne gezahlt werden.

Für die Schweiz wurde ein Vergleich von Löhnen für gleichwertige Arbeit zwischen den öffentlichen Verwaltungen und der Privatwirtschaft mittels moderner statistischer Methoden zuletzt im Frühjahr 2023 vom IWP vorgenommen (Portmann, Blümel und Schaltegger 2023a). Gestützt auf Daten der schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) für die Jahre 2007 bis 2019 wurde für die Bundesverwaltung eine durchschnittliche Lohnprämie von 11.6 % gegenüber der Privatwirtschaft, für die Kantone 4.3 % und für die Gemeinden 3.4 % ermittelt. Die Lohnanalyse des IWP gab Anlass zu parlamentarischen Vorstössen9 und veranlasste den Bundesrat, eine Überprüfung der Verwaltungslöhne in Auftrag zu geben. In einer ersten Stellungnahme wies der Bundesrat darauf hin, dass das Hauptziel der SAKE die Erfassung der Erwerbsstruktur und des Erwerbsverhaltens der Bevölkerung sei und für aussagekräftige Lohnvergleiche nicht geeignet sei.10

Dieses Policy Paper erweitert die Lohnanalyse aus dem Jahr 2023 in dreierlei Hinsicht. Erstens werden aktualisierte Schätzungen für die Jahre 2007 bis 2022 vorgenommen. Dies erlaubt es, die Lohnentwicklungen am aktuellen Rand genauer zu untersuchen. Zweitens wird mit der Lohnstrukturerhebung (LSE) eine weitere Datenquelle erschlossen und drittens werden weitere Schätzverfahren und -spezifikationen eingesetzt. Dadurch werden die Schätzungen datenmässig und methodisch noch breiter abgestützt.

Das Policy Paper ist wie folgt aufgebaut. Das nächste Kapitel führt kurz durch die relevante nationale und internationale Literatur. Kapitel 7.3 erläutert die Daten und die Methodik. Kapitel 7.4 geht auf die Unterschiede in der Zusammensetzung der Arbeitskräfte in der Privatwirtschaft und den Verwaltungen ein. Kapitel 7.5 präsentiert die Hauptresultate für die Lohnunterschiede zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft gestützt auf die SAKE und die LSE. Kapitel 7.6 diskutiert die Unterschiede zwischen der SAKE und der LSE und weitere methodische Fragen. Kapitel 7.7 geht auf Veränderungen der Lohndifferenziale über die Zeit ein. Kapitel 7.8 beleuchtet die Lohndifferenziale für einzelne Arbeitskräftegruppen. Schliesslich zieht Kapitel 7.10 ein Fazit.

7.2 Literaturübersicht

7.2.1 Erklärungen für Lohnprämien im öffentlichen Sektor

In der Literatur werden verschiedene theoretische Erklärungen für die systematischen Lohnunterschiede zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor diskutiert.11 Private Unternehmen müssen grundsätzlich Gewinne erwirtschaften, um langfristig überleben zu können (Gunderson 1979). Das Grenzprodukt der Arbeit ist deshalb ein zentraler Ankerpunkt der Lohnfindung im privaten Sektor (Borjas 2013).

Im Gegensatz dazu stellt der öffentliche Sektor oft monopolistische oder oligopolistische Güter und Dienstleistungen bereit. Der relative Mangel an Wettbewerb begrenzt sowohl die Anreize, ein gesellschaftlich optimales Angebot bereitzustellen, als auch die dafür notwendigen Informationen. Viele der vom öffentlichen Sektor bereitgestellten Güter und Dienstleistungen müssen nicht gekauft werden. Wenn doch, entsprechen die Preise oft nicht den Marktpreisen. Die Wertschöpfung und damit der Wert der Arbeit und die Produktivität im öffentlichen Sektor werden deshalb häufig aus den Kosten und nicht aus Marktpreisen abgeleitet. Im Vergleich zum privaten Sektor sind die Möglichkeiten des Benchmarking in Bezug auf die Effizienz im öffentlichen Sektor begrenzt.12

Darüber hinaus gibt es im öffentlichen Sektor häufig keine strikten Budgetvorgaben (z.B. Kornai, Maskin und Roland 2003). Im Sinne der Prinzipal-Agenten-Theorie haben Bürokraten als Agenten einen vergleichsweise grossen Handlungsspielraum gegenüber der Regierung, dem Prinzipal, um das öffentliche Budget oder den Müssiggang zu maximieren (Niskanen 1971; McCubbins, Noll und Weingast 1987).

Wie Borjas (1980) argumentiert, ist sich eine rationale Regierung dieser Problematik bewusst, sieht sich aber gleichzeitig mit einem Optimierungsproblem konfrontiert. Denn die Verwaltung übt einen grossen Einfluss auf die Staatstätigkeit aus, von deren Qualität die Wiederwahlwahrscheinlichkeit der Regierung abhängt. Eine verwandte Hypothese besagt, dass Regierungen die Beschäftigung im öffentlichen Sektor auch nutzen können, um ihre politische Unterstützung zu erhöhen, indem sie die Arbeitslosigkeit reduzieren, Arbeitsmarktschocks abmildern und sich die Stimmen der Beschäftigten im öffentlichen Sektor durch eine Lohnprämie sichern (Frey 1978; Fogel und Lewin 1974).

Die staatliche Lohnsetzung orientiert sich nicht ausschliesslich an Effizienzkriterien, sondern auch an Gerechtigkeits- und Fairnessprinzipien (Cai und Liu 2011; Lausev 2014). Gregory (1990) argumentiert, dass eine Lohnprämie für Geringqualifizierte und ein Lohnmalus für Hochqualifizierte Gerechtigkeitsanliegen widerspiegeln und somit die Lohnkompression im öffentlichen Sektor erklären könnte.

Lohnprämien beruhen stehts auf Schätzungen, bei denen die Löhne von Arbeitskräften mit vergleichbaren Merkmalen etwa hinsichtlich ihrer Ausbildung und Berufserfahrung verglichen werden. Viele Fähigkeiten von Arbeitskräften können in statistischen Erhebungen nicht vollständig erfasst werden. Beispielsweise Gregory und Borland (1999) und Sheldon (2002) argumentieren, dass bei den Verwaltungsmitarbeitern eine positive Selbstselektion besteht, wodurch deren statistisch nicht beobachteten Fähigkeiten überdurchschnittlich ausfallen. Die tatsächliche Verwaltungslohnprämie werde daher in der empirischen Literatur (siehe Kapitel 7.2.3) oft überschätzt. Mit moderneren Schätzverfahren und umfangreichen Daten kann die Wahrscheinlichkeit einer Überschätzung verringert werden.

Baumol (1967) stellte die Hypothese auf, dass der öffentliche Sektor weniger vom technologischen Wandel profitiert und daher geringere Produktivitätsfortschritte realisiert als andere Wirtschaftsbereiche. In welchem Umfang dies auf die zahlreichen Dienstleitungen und Güter im öffentlichen Sektor zutrifft, ist in der Forschung umstritten (Bates und Santerre 2013; Bates und Santerre 2015; Hartwig 2008; Hartwig und Krämer 2018). Trifft die Hypothese für die öffentlichen Verwaltungen zu, ist die Konsequenz daraus, dass deren Kosten je Outputeinheit im Vergleich zur Privatwirtschaft selbst dann steigen, wenn die Verwaltungslöhne marktgerecht festgelegt werden.

7.2.2 Konsequenzen von staatlichen Lohnprämien gegenüber der Privatwirtschaft

Das Lohndifferenzial zwischen öffentlichem und privatem Sektor kann aufgrund der Grösse des öffentlichen Sektors auch makroökonomische Konsequenzen haben. So steuern die relativen Löhne im Verbund mit Faktoren wie Jobsicherheit und Attraktivität der Tätigkeit die Allokation des Humankapitals. Für das Vereinigte Königreich und die USA konnten Studien bei Arbeitssuchenden die Tendenz nachweisen, auf attraktive Stellen im öffentlichen Sektor zu warten und stattdessen freie Stellen in der Privatwirtschaft auszuschlagen. Für private Unternehmen wird dadurch die Besetzung ihrer freien Stellen und letztlich auch der Aufschwung nach Rezessionen erschwert (Katz und Krueger 1991; Postel-Vinay und Turon 2007; Quadrini und Trigari 2007). Für zahlreiche OECD-Länder ist belegt, dass vergleichsweise hohe Löhne im öffentlichen Sektor Aufwärtsdruck auf die Löhne in der Privatwirtschaft erzeugen (Alesina u. a. 2002; Afonso und Gomes 2014). Die Verzerrung durch systematische Lohnunterschiede macht sich nicht erst auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar, sondern setzt bereits bei der vorgelagerten Bildungsentscheidung ein.

7.2.3 Schätzungen von Lohnunterschieden

Eine frühe Lohnanalyse für die Schweiz wurde von Falter und Ferro-Luzzi (2000) vorgenommen. Anhand der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 1996 wurden für Frauen und Männer getrennt die Lohnlücken zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor in der Schweiz untersucht. Sie finden für Männer eine Lohnprämie von 11 % im Niedriglohnbereich. Mit steigendem Einkommen sinkt sie und wandelt sich für hohe Einkommen um in einen Lohnmalus von 9 %. Für Frauen wurde eine Lohnprämie von 36 % für den Niedriglohnbereich und eine Lohnprämie von 6 % für die hohen Einkommen geschätzt.

Gestützt auf Daten der schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) für die Jahre 2007 bis 2019 schätzen Portmann, Blümel und Schaltegger (2023a) für die Bundesverwaltung eine durchschnittliche Lohnprämie von 11.6 % gegenüber der Privatwirtschaft, für die Kantone 4.3 % und für die Gemeinden 3.4 %. Für die Bundesverwaltung fällt die Lohnprämie im Tieflohnbereich mit bis zu 17 % am höchsten und im Hochlohnbereich mit 6 % am tiefsten aus. Auch in den kommunalen und kantonalen Verwaltungen fallen die Lohnprämien mit steigendem Lohn. Die hohen Löhne entsprechen in den Kantons- und Gemeindeverwaltungen in etwa Marktlöhnen.

Die Ergebnisse für die Schweiz decken sich mit denen der internationalen Literatur. Denn die meisten entwickelten Volkswirtschaften weisen ein typisches Muster auf: eine Lohnprämie im öffentlichen Sektor, die (i) für Arbeitnehmer mit tiefen Löhnen hoch ausfällt, die (ii) mit steigendem Lohn sinkt und sich für Hochlohnbezüger oft aber nicht immer zu einem Lohnmalus wandelt und die (iii) für Frauen im öffentlichen Sektor zumeist wesentlich höher ausfällt (Ghinetti 2014; Depalo, Giordano und Papapetrou 2015; Hospido und Moral-Benito 2016; Giordano u. a. 2020; Bonaccolto-Töpfer, Castagnetti und Prümer 2022; Couceiro de León und Dolado 2023). Die höheren Lohnprämien für Frauen sind nicht abschliessend untersucht. Als mögliche Gründe werden häufig genannt, dass in der Privatwirtschaft im Gegensatz zum Staat Lohndiskriminierung gegenüber Frauen besteht und Frauen ihre Löhne weniger offensiv verhandeln als Männer, was aufgrund der Lohnfestlegung im öffentlichen Sektor von geringerer Bedeutung ist (Cai und Liu 2011; Lausev 2014).

7.3 Methode und Daten

Lohnunterschiede zwischen Staat und Privatwirtschaft können auf zwei Arten entstehen. Entweder unterscheiden sich die Tätigkeiten und Qualifikationen zwischen den Sektoren oder gleichwertige Tätigkeiten und Qualifikationen werden unterschiedlich entlohnt.

Im ersten Schritt der ökonometrischen Lohnanalyse soll die erste Ungleichheit ausgeschaltet werden. Vereinfacht ausgedrückt wird für jeden Verwaltungsangestellten ein Zwilling aus der Privatwirtschaft gesucht, der hinsichtlich Ausbildung, Berufsfeld, Anstellungsdauer und vielem mehr ein gleichwertiges Profil aufweist und einer vergleichbaren Tätigkeit nachgeht. Dies wird mittels eines sogenannten Matching-Verfahrens bewerkstelligt.

In einem zweiten Schritt wird der Lohnunterschied zwischen den Zwillingen aus der Verwaltung und der Privatwirtschaft ermittelt. Dies geschieht mittels linearen Regressionen zur Berechnung durchschnittlicher Lohndifferenzen und Quantilsregressionen. Mit den Quantilsregressionen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass gemäss früherer Untersuchungen die Lohnunterschiede zwischen privatem und öffentlichem Sektor nach Einkommenshöhe variieren.

Faktoren wie die Arbeitsplatzsicherheit, das Betriebsklima, die Sinnhaftigkeit der Arbeit, der Stress am Arbeitsplatz, aber auch die Vorsorge und Sozialleistungen und persönliche Eigenschaften von Arbeitskräften, wie die Leistungsbereitschaft und die Berufserfahrung, können einen Einfluss auf den Lohn haben. Arbeitskräfte könnten beispielsweise eine Position mit niedrigerem Gehalt einer solchen mit höherem Einkommen vorziehen, falls die Jobsicherheit grösser ist. Solche Faktoren können sich zwischen den Sektoren unterscheiden. Lohnanalysen können allerdings nur berücksichtigen, was in statistischen Befragungen festgehalten wird. Daher spielt die Datenbasis eine wichtige Rolle, um alle lohnrelevanten Faktoren möglichst genau und annähernd umfassend zu berücksichtigen. Für die Untersuchung der Löhne setzen wir deshalb sowohl die SAKE als auch die LSE des Bundesamts für Statistik ein.

Die SAKE gibt Auskunft über die Erwerbsstruktur der ständigen Wohnbevölkerung. Sie zeigt, in welchen Branchen, Unternehmen und Institutionen wie viele Arbeitsstunden verrichtet und welche Erwerbseinkommen dabei erzielt werden. Bei der Umfrage handelt es sich um eine Stichprobe, die rund 120’000 Interviews pro Jahr umfasst. Diesem Policy Papier liegen die Daten der SAKE für den Zeitraum 2007 bis 2022 zugrunde. Erklärt wird stets das jährliche Bruttoerwerbseinkommen für eine Vollzeitstelle. Das heisst, dass für eine Person mit einem 50 %-Pensum das Jahreseinkommen mit dem Faktor zwei multipliziert wird; so lässt sich das Jahreseinkommen vergleichen, wie dies sonst beispielsweise für Stundenlöhne geschieht. Die SAKE schlüsselt die Gesamteinkommen nicht nach verschiedenen Erwerbsquellen auf. Daher können zur Berechnung der Löhne nur jene Erwerbspersonen berücksichtigt werden, die ausschliesslich einer Tätigkeit nachgehen. Die SAKE bietet einen breiten Katalog an lohnrelevanten Merkmalen. Gleichzeitig handelt es sich um eine Erhebung mit vergleichsweise geringer Beobachtungszahl. Wir werten deshalb stets die Daten mehrerer Jahre gemeinsam aus. Wo nichts anderes vermerkt ist, werden Resultate gestützt auf den Zeitraum 2017 bis 2022 ausgewiesen.

Zusätzlich ziehen wir die LSE zur Rate. Die Erhebung erfasst das Gehalt von über 2 Millionen Beschäftigten pro Jahr. Die alle zwei Jahre durchgeführte Erhebung deckt jedoch weniger Merkmale der Arbeitskräfte und ihrer Anstellungsverhältnisse ab als die SAKE. Trotz vergleichsweise grosser Stichprobe beschränkt sich die Grundgesamtheit der LSE auf Arbeitnehmer von Unternehmen mit mindestens drei Beschäftigten des zweiten und dritten Sektors.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie lagen die Daten der LSE ab 1998 bis 2020 vor. Wir weisen in der Studie Resultate ab 2010 aus13. Für robuste Resultate und für eine bessere Vergleichbarkeit mit den Schätzungen basierend auf der SAKE (für die Jahre 2017 bis 2022) weisen wir die Hauptresultate für die LSE basieren auf den Jahren 2016, 2018 und 2020 aus. Schätzungen auf Jahresbasis werden in Kapitel 7.7 ausgewiesen.

Zur Ermittlung der Zwillingspaare aus der Privatwirtschaft und der Verwaltung setzten wir unterschiedliche Matching-Methoden ein. Im Haupttext bestimmen wir die Ähnlichkeit der Arbeitskräfte in den unterschiedlichen Merkmalen mittels eines Propensity Score Matching (PSM) basierend auf einem Logit-Modell. Das Modell stützt die Zwillingssuche auf 15 Merkmalsausprägungen ab. Die Merkmale wurden im Einklang mit der empirischen Literatur und nach Verfügbarkeit in der SAKE ausgewählt.

Im Anhang zeigen wir zusätzlich Resultate gestützt auf einem PSM mit LASSO (Englisch für “Least Absolute Shrinkage and Selection Operator”), das auf 16 Merkmale in teilweise höherem Detailierungsgrad als in der Spezifikation im Haupttext abstützt. Das Verfahren wählt die jene Merkmale mit der höchsten statistischen Aussagekraft aus. Eine ausführliche Beschreibung der Methodik ist Anhang A.4.1 und Anhang A.4.2 im Anhang zu entnehmen.

7.4 Unterschiedliche Lohnverteilungen, unterschiedliche Arbeitskräfte

Abbildung 17 in der Einleitung zeigt substanzielle Unterschiede in den durchschnittlichen Löhnen im öffentlichen und im privaten Sektor auf. Wie diese zustande kommen, schlüsseln die Lohnverteilungskurven in Abbildung 18 nach Verwaltungsebenen auf. Die hohen Durchschnittslöhne in den Verwaltungen gehen nicht auf einige wenige Lohnempfänger zurück; das ganze Lohngefüge ist gegenüber der Privatwirtschaft höher gelegen (innerhalb der zulässigen Lohnspanne der Verwaltung), sprich die Kurven sind nach rechts verschoben.

Auch zwischen den Verwaltungsebenen existieren bedeutende Unterschiede. Bei der Lohnhöhe gilt: Bund vor Kantonen und Gemeinden. Die beidseitig dicken Enden der Lohnverteilungskurve in der Privatwirtschaft implizieren, dass die Schweiz in puncto Lohnverteilungen dem internationalen Muster folgt. Die Lohnverteilungen in den öffentlichen Verwaltungen sind komprimierter als in der Privatwirtschaft. Top-Verdiener mit den Spitzengehältern eines CEO einer internationalen Unternehmung findet man in den Verwaltungen nicht. Ebenso sind Tiefstlöhne in den Verwaltungen die Ausnahme.

Abbildung 18: Verteilung der Löhne in den Verwaltungen und im privaten Sektor von 2017 bis 2022

Moderne Verwaltungen sind auf spezialisiertes akademisches Wissen angewiesen, sei es für die Politikfolgenabschätzungen, die Planung und Kontrolle des Finanzhaushalts oder die Ausarbeitung internationaler Verträge. Es erstaunt nicht, dass die durchschnittlichen Löhne in den Verwaltungen höher liegen als etwa die Löhne in der Landwirtschaft, im verarbeitenden Gewerbe oder im Handel.

Tabelle 1: Merkmale der Arbeitskräfte im privaten Sektor und in den Verwaltungen gemäss SAKE
Variable privater Sektor (N = 131'496) öffentlicher Sektor (N = 19'287)
Ausbildung
Berufslehre 35 % 22 %
höhere Berufsausbildung 27 % 29 %
niedriges Ausbildungsniveau 12 % 3.3 %
Universität/FH 26 % 45 %
Bruttoeinkommen 77'622 (86'317) 96'084 (100'377)
Geschlecht
männlich 58 % 44 %
weiblich 42 % 56 %
Berufsfeld
akademische Berufe 23 % 47 %
Anlagen und Maschinenbediener, Montierer 4.4 % 0.5 %
Bürokräfte und verwandte Berufe 14 % 13 %
Dienstleistungsberufe und Verkäufer 13 % 12 %
Fachkräfte in Land- und Forstwirtschaft 1.9 % 0.9 %
Führungskräfte 8.9 % 6.4 %
Handwerks- und verwandte Berufe 12 % 1.1 %
Hilfsarbeitskräfte 4.6 % 3.6 %
keine Angabe/weiss nicht 0.4 % 1.2 %
Techniker und gleichrangige Berufe 18 % 14 %
berufliche Stellung
Arbeitnehmer mit Vorgesetztenfunktion 28 % 21 %
selbstständig mit Arbeitnehmern/Arbeitnehmer in Unternehmensleitung 8.3 % 7.9 %
selbstständig/Arbeitnehmer ohne Vorgesetztenfunktion 63 % 71 %
Betriebszugehörigkeit in Tagen 1'954 (3'076) 2'592 (3'659)
Zivilstand
ledig 50 % 48 %
verheiratet/eing. Partnersch. 50 % 52 %
Alter 42 (42) 44 (44)
Region
Genfersee 17 % 20 %
Mittelland 22 % 27 %
Nordwestschweiz 14 % 12 %
Ostschweiz 14 % 11 %
Tessin 3.4 % 4.8 %
Zentralschweiz 10 % 8.9 %
Zürich 19 % 15 %
Studienfach
allgemeine Bildungsgänge und Qualifikationen 19 % 15 %
Dienstleistungen 6.8 % 7.7 %
Geisteswissenschaften und Künste 3.4 % 4.2 %
Gesundheit und Sozialwesen 9.2 % 6.8 %
Informations- und Kommunikationstechnologie 2.9 % 1.6 %
Ingenieurwesen, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe 25 % 11 %
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Tiermedizin 2.4 % 2.5 %
Naturwissenschaften, Mathematik und Statistik 1.8 % 2.9 %
Pädagogik 1.5 % 20 %
Sozialwissenschaften, Journalismus und Informationswesen 2.0 % 3.8 %
Wirtschaft, Verwaltung und Recht 26 % 25 %
Vollzeitstelle (1 entspricht 100 %-Pensum) 0.98 (0.89) 0.93 (0.83)
Schweizer Herkunft
Ausländer 29 % 7.7 %
Schweizer 71 % 92 %
Kinder im Haushalt
hat keine Kinder 71 % 68 %
hat Kinder 29 % 32 %
erhält Boni/Gratifikationen/13. oder 14. Monatslohn
erhält Boni oder Zusatzgehalt 78 % 93 %
erhält keine Boni oder Zusatzgehalt 22 % 7.1 %
Überstunden
leistet keine Überstunden 17 % 14 %
leistet Überstunden 83 % 86 %
flexibles Arbeitszeitmodell
flexibles Arbeitszeitmodell 40 % 55 %
kein flexibles Arbeitszeitmodell 60 % 45 %
Hinweis:
N = Stichprobengrösse; Median (Mittelwert) für kardinale Variablen; prozentuale Anteile für kategoriale Variablen. Die Werte in der Tabelle beziehen sich auf die bereinigten SAKE-Daten für die Jahre 2017 - 2022, die für die ökonometrische Analyse verwendet wurden, und können von den an anderer Stelle veröffentlichten Werten abweichen.

Wie ähnlich – oder unterschiedlich – die Arbeitskräfte im öffentlichen und privaten Sektor zusammengesetzt sind, geht aus Tabelle 1 hervor. 45 % der Beschäftigten im öffentlichen Sektor verfügen über einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss; im privaten Sektor sind es 26 %. Hinsichtlich Studienfachwahl liegt der augenscheinlichste Unterschied im Bereich Pädagogik. 20 % der Verwaltungsangestellten verfügen über einen pädagogischen Abschluss, wohingegen es in der Privatwirtschaft nur 2 % sind.14

47 % der Beschäftigten im öffentlichen Sektor, aber nur 23 % im privaten Sektor üben akademische Berufe aus. Umgekehrt finden handwerkliche Berufe und Anlagenwarte selten den Weg in die Verwaltungen. Wer den Weg in die Verwaltung geht, bleibt gern. 3’659 Tage sind die Mitarbeiter im Schnitt in der Verwaltung, während die Arbeitskräfte im privaten Sektor 3’076 Tage im gleichen Unternehmen verweilen.

Die Verwaltungsmitarbeiter nehmen mit 55 % häufiger flexible Arbeitszeitmodelle wie Wochen- oder Jahresarbeitszeiten in Anspruch, als es in der Privatwirtschaft mit 40 % üblich ist. Und schliesslich liegen die Verwaltungsgeschicke in Schweizer Händen (92 %) – in den Händen von Schweizerinnen, um genauer zu sein. Der Frauenanteil beträgt 56 %, wohingegen der Frauenanteil im privaten Sektor 42 % beträgt.

Es ist naheliegend, den Lohnvergleich auf Branchen abzustellen, in denen ähnliche Tätigkeiten ausgeübt und ähnliche Qualifikationen verlangt werden. Wie beispielsweise Schaltegger und Eugster (2020) aufzeigen, halten die Löhne der Bundesverwaltung mit jenen in der Finanz- und Versicherungsbranche mit. Dieses Vorgehen kann mithilfe statistischer Verfahren und unter Einbezug einer umfangreichen Datenbasis weiter verfeinert werden. Mit sogenannten Matching-Verfahren lassen sich für die Verwaltungsbeschäftigten Vergleichsgruppen konstruieren, welche hinsichtlich höchster Ausbildung, Studienrichtung, Anstellungsdauer, Alter, Geschlecht, Zivilstand, Kinder, Berufsfeld, Pensum und Arbeitsmodell gleich zusammengesetzt, aber in der Privatwirtschaft tätig sind.

Aus dem Datenpool über die Beschäftigungsverhältnisse in der Privatwirtschaft wurden für alle drei Staatsebenen jeweils separate Vergleichsgruppen gebildet. Dessen Bedeutung wird in Abbildung 19 illustriert. Für alle berücksichtigten Merkmale sind anhand der standardisierten Mittelwertdifferenzen die Ähnlichkeiten zwischen den Verwaltungsmitarbeitern und den Arbeitskräften in der Privatwirtschaft abgebildet. Beim Vergleich der Verwaltungsmitarbeiter mit der gesamten Privatwirtschaft fallen die Unterschiede hoch aus (leere Punkte). Dies ist beispielsweise bei der Zusammensetzung der Arbeitskräfte nach Nationalität ersichtlich. Durch die Bildung von Vergleichsgruppen mittels Matching-Verfahren wird hingegen eine hohe Ähnlichkeit zwischen den Arbeitskräften in den Verwaltungen und der Vergleichsgruppe aus der Privatwirtschaft erreicht (gefüllte Punkte). Für fast alle Merkmale liegen die absoluten Mittelwertdifferenzen nach dem Matching unter der Schwelle von 0.1 (gepunktete Linie).

Abbildung 19: Balance der Kovariaten aus der SAKE vor und nach dem Matching

Das Ergebnis der Vergleichsgruppenbildung für die Löhne auf Basis der Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung ist in Abbildung 20 dargestellt. Im Vergleich zur vorherigen Abbildung 18 rücken die Lohnverteilungen der Vergleichsgruppen näher an jene der Verwaltungen. Gleichwohl geht bereits aus der grafischen Evidenz hervor, dass die Lohnverteilungen in der Privatwirtschaft zumeist links beziehungsweise tiefer liegen als in den Verwaltungen. Diese Lohnunterschiede werden im nächsten Kapitel ökonometrisch präzisiert und quantifiziert.

Abbildung 20: Verteilung der Löhne in den Verwaltungen und in den Vergleichsgruppen von 2017 bis 2022

Die besprochenen Grafiken und Tabellen stützten sich auf die SAKE. Die Auswertung der LSE zeichnet ein ähnliches Bild. Die Verteilung der Löhne weist in den Rohdaten für alle Verwaltungsebenen ebenfalls auf höhere Löhne im Vergleich zur Privatwirtschaft hin (Abbildung 39); die Bildung von spezifischen Vergleichsgruppen für die einzelnen Verwaltungen führt zu einer Annäherung der Löhne (Abbildung 40). Die Zusammensetzung der Arbeitskräfte ist jener der SAKE ähnlich. Auffällig sind jedoch die Unterschiede in den Bruttoeinkommen, die in der LSE deutlich höher ausfallen als in der SAKE. So beträgt das durchschnittliche Einkommen für eine Vollzeitstelle in der Verwaltungen nach SAKE 100’377 Franken, wohingegen die LSE dieses mit 108’174 Franken beziffert. Die durchschnittlichen Lohndifferenzen zwischen der Privatwirtschaft und den Verwaltungen fallen in beiden Erhebungen somit trotz unterschiedlichen Lohnniveaus ähnlich aus. Die Unterschiede zwischen den Erhebungen werden in Kapitel 7.6 untersucht.

7.5 Lohnprämien in den öffentlichen Verwaltungen

7.5.1 Durchschnittliches Lohndifferenzial

Wie steht es um die sektoralen Lohndifferenzen, wenn gleichwertige Arbeitskräfte im öffentlichen und im privaten Sektor miteinander verglichen werden? Werden beispielsweise Mitarbeiter mit gleichwertigem Bildungs- und Erfahrungsrucksack in beiden Sektoren gleich entlohnt?

Abbildung 21 hält die durchschnittlichen Lohndifferenzen zwischen den Verwaltungen und der Privatwirtschaft gestützt auf die SAKE für die Jahre 2017 bis 2022 und die LSE für die Jahre 2016, 2018 und 2020 fest15. Die roten Punkte entsprechen den Lohndifferenzen für vergleichbare Arbeitskräfte, während die blauen Punkte die Durchschnittslöhne der Branchen miteinander vergleichen. Die Schätzung der durchschnittlichen Lohnprämie für vergleichbare Arbeitskräfte beträgt gestützt auf die SAKE beim Bund 11.7 %, bei den Kantonen 5.4 % und bei den Gemeinden 4.5 %. Die Schätzungen anhand der LSE zeigen für den Bund eine durchschnittliche Lohnlücke von 13.9 %, bei den Kantonen eine Lohndifferenz von 2.3 % und bei den Gemeinden einen Lohnmalus von -0.5 %.

Abbildung 21: Durchschnittliche Lohndifferenziale zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor

Die Schätzungen zeigen damit unabhängig vom Datensatz und Schätzverfahren, dass die Löhne der Verwaltungen im Verhältnis zur Privatwirtschaft mit der Staatsebene steigen, sprich, das durchschnittliche Lohngefälle ist für den Bund am grössten. Für den Bund und die Kantone fallen die durchschnittlichen Lohnprämien gemäss SAKE und LSE ähnlich aus. Zugleich bestätigen die Schätzungen für alle drei Staatsebenen die bisherigen Schätzungen des IWP (vgl. Portmann, Blümel und Schaltegger 2023a). Bei den Resultaten für die Gemeindeverwaltungen gibt es hingegen Diskrepanzen zwischen den Datensätzen. Die niedrigeren Ergebnisse der LSE lassen sich teilweise durch die unterschiedlichen Grundgesamtheiten und die erfassten Arbeitermerkmale der beiden Erhebungen erklären, wie wir in Kapitel 7.6 zeigen.

Zusätzlich zur Lohndifferenz für vergleichbare Arbeitskräfte bilden die blauen Punkte in Abbildung 21 die gesamte Lohnlücke ab. Es handelt sich um das Ergebnis einer einfach gestalteten Lohnanalyse, bei der für statistische Balance hinsichtlich Beobachtungsjahr und -region gesorgt wird. Schliesslich sollen die Löhne der Zürcher Verwaltungsangestellten im Jahr 2018 nicht mit Löhnen aus der Westschweiz im Jahr 2010 verglichen werden. Weitere arbeitsmarktrelevante Merkmale wie der Bildungsstand oder die Anstellungsdauer der Arbeitskräfte im privaten Sektor werden hingegen nicht an die Merkmale der Verwaltungsmitarbeiter angeglichen. Gestützt auf die SAKE besteht eine Lohndifferenz von 36.1 % beim Bund, 21.2 % bei den Kantonen und 9.3 % bei den Gemeinden gegenüber der Privatwirtschaft.

Die Gegenüberstellung der Lohndifferenzen für statistische Zwillinge (rote Punkte in Abbildung 21) und der gesamten Lohndifferenz ohne Angleichung von Merkmalen (blaue Punkte) verdeutlicht zweierlei. Erstens ist es wichtig, für einen fairen Lohnvergleich zwischen den Sektoren statistische Zwillinge zu vergleichen. Zwei Drittel der gesamten Lohndifferenz zwischen den Sektoren kann durch Unterschiede in den Merkmalen der Arbeitskräfte – etwa der Ausbildung und der Berufserfahrung – erklärt werden. Zweitens kann allerdings bis zu einem Drittel der Lohndifferenz nicht durch entsprechende Merkmale erklärt werden. Aus der Grafik geht ebenfalls hervor, dass die Gesamtlohndifferenzen (ohne Berücksichtigung der Qualifikationsunterschiede) in der SAKE durchwegs höher ausfallen als in der LSE. Kapitel 7.6 geht genauer darauf ein.

7.5.2 Lohndifferenzial und Lohnhöhe

Abbildung 21 gibt Auskunft über die durchschnittliche Lohndifferenz der Verwaltungsangestellten gegenüber der Privatwirtschaft. Abbildung 22 und Abbildung 23 illustrieren, dass das Lohngefälle zwischen den Sektoren systematisch von der Höhe des Lohns abhängt16. Wie sind die Abbildungen zu lesen? Die y-Achse gibt an, wie viel mehr (positiver Wert) oder weniger (negativer Wert) ein Verwaltungsmitarbeiter im Vergleich zu einer vergleichbaren Arbeitskraft in der Privatwirtschaft verdient. Abgetragen sind jeweils die Punktschätzungen der Lohndifferenziale und die 95 %-Konfidenzintervalle. Diese widerspiegeln die statistischen Unsicherheiten der Schätzungen. Die Punktschätzung liegt demnach mit 95-prozentiger Sicherheit im abgebildeten Intervall. Auf der x-Achse sind die Lohnverteilungen der Verwaltungsebenen abgebildet. So entspricht beispielsweise 50 % dem Medianlohn, der beim Bund in der untersuchten Stichprobe aus der SAKE im Zeitraum von 2017 bis 2022 einem Bruttojahreseinkommen für eine Vollzeitstelle von 109’452 Franken, bei den Kantonen von 95’148 Franken und bei den Gemeinden von 87’735 Franken beträgt. Der Median trennt die Arbeitskräfte in zwei gleich grosse Gruppen, deren Löhne entweder unter oder über dem Medianlohn liegen.

Abbildung 22: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor für 2017-2022 gestützt auf die SAKE

Die Auswertung der SAKE in Abbildung 22 zeigt, dass das Lohndifferenzial beinahe ausnahmslos im positiven Bereich liegt. In anderen Worten, die öffentlichen Verwaltungen belohnen die Angestellten mit einer Lohnprämie. Die Verwaltungslohnprämie fällt auf den drei Staatsebenen unterschiedlich aus. Am Median beträgt die Prämie beim Bund 12 %, bei den Kantonen fällt sie mit 6 % weniger als halb so hoch aus und bei den Gemeinden liegt sie bei 4 %.

Beim Bund kommt ein weiteres Muster zum Vorschein, das aus der internationalen Literatur bekannt ist. Die Lohnprämie sinkt (abgesehen vom 5 %-Quantil) mit steigendem Lohn stetig. Tiefe Löhne werden folglich gegenüber der Privatwirtschaft stärker angehoben als die hohen Löhne.

Auch für die Kantone und Gemeinden ist ein negativer Zusammenhang zwischen der Höhe der Lohnprämie und jener des Lohnes festzustellen. Allerdings ist die Lohnprämie vom 5 %-Quantil bis zum 85 %-Quantil stabil. Erst bei den höchsten Löhnen fällt die Prämie stark ab. Für die Gemeinden zeigt der Punktschätzer sogar einen (statistisch nicht signifikant von null verschiedenen) Lohnmalus von 1 % an.

Die Überlagerung der Konfidenzintervalle signalisiert, dass die Lohnprämien der Gemeinden statistisch nicht zweifelsfrei tiefer zu verorten sind als die Prämien in den Kantonen. Für den Bund kann hingegen statistisch gut gesichert für den ganzen Lohnverlauf von einer Lohnprämie gesprochen werden, die deutlich höher ausfällt als bei den Gemeinden und den Kantonen.

Da nur wenige Verwaltungslöhne am unteren und oberen Ende der abgebildeten Lohnverteilungen liegen, sind die Schätzungen an den Enden der Verteilungen mit mehr Unsicherheit behaftet.17

Abbildung 23: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor für 2016 bis 2020 gestützt auf die LSE

Wie sieht es aus, wenn die Lohnanalyse auf die Daten der Lohnstrukturerhebung abgestützt wird? Wie Abbildung 23 illustriert, beträgt die Lohnprämie für die Bundesverwaltung am 5 %-Quantil 26 % und fällt auf 2 % bis zum 95 %-Quantil ab. Der negative Zusammenhang zwischen der Lohnprämie und der Lohnhöhe fällt damit etwas prononcierter aus als in der Analyse basierend auf der SAKE. Für den Bund existiert dennoch über die gesamte Lohnverteilung eine positive Lohnprämie gegenüber der Privatwirtschaft.

Auch für die Kantons- und Gemeindeverwaltungen fällt der negative Zusammenhang zwischen dem Lohndifferenzial gegenüber der Privatwirtschaft und der Höhe des Lohnes ausgeprägter aus. Für die tiefsten Löhne innerhalb der Kantonsverwaltungen wird eine Lohnprämie von 15 % geschätzt. Die Prämie wandelt sich ab dem dem 75 %-Quantil in einen Lohnmalus der am obersten Ende -6 % beträgt. Für die Gemeinden beträgt die Lohnprämie am unteren Ende 12 %, die Löhne nähern sich beim 55 %-Quantil den relevanten Marktlöhnen an. Für die höheren Lohnklassen weisen die Schätzungen auf einen Lohnmalus von bis zu -12 % hin.

Die Konfidenzintervalle fallen in Abbildung 23 schmaler aus als in Abbildung 22, was die grössere Beobachtungszahl und die tiefere statistische Unsicherheit der Schätzungen widerspiegelt. Trotzdem ermöglicht die SAKE die Berücksichtigung einer grösseren Anzahl von Merkmalen der Arbeitskräfte in der Analyse. Wie wir in Kapitel 7.6 diskutieren, könnten die berücksichtigten Merkmale zur Erklärung der Unterschiede zwischen den Schätzergebnissen für die beiden Datenquellen beitragen.

7.6 Die Krux der Suche nach statistischen Zwillingen

Die bisherigen Auswertungen deuten an, dass die Datengrundlage einen Einfluss auf das geschätzte Lohndifferenzial haben kann. Wir gehen in diesem Abschnitt auf die Bedeutung der berücksichtigten Merkmale bei der Zwillingssuche und der eingesetzten Erhebungen ein.

Die vertiefte Lohnanalyse fördert in der Regel Lohndifferenziale zwischen den Sektoren zutage, die geringer ausfallen als die gesamte Lohnlücke gemäss Lohnstatistik (wie in Abbildung 21 illustriert). Wie lässt sich dies erklären? Die Lohnanalyse vergleicht Zwillinge, also gleichwertige Arbeitskräfte im öffentlichen und privaten Sektor. Sie zeigt auf, inwiefern Lohnunterschiede durch eine unterschiedliche Bewertung und Entlohnung von Faktoren wie Anstellungsdauer und Ausbildung entstehen. Die gesamte Lohnlücke zwischen den Sektoren reflektiert nicht nur die unterschiedliche Bewertung der Faktoren, sondern bezieht auch die unterschiedliche Faktorausstattung der Arbeitskräfte ein. So können beispielsweise Hochqualifizierte mit Abschluss in einer bestimmten Studienrichtung in einem der beiden Sektoren übervertreten sein.

Abbildung 24 schlüsselt basierend auf der SAKE für die Jahre 2017 bis 2022 die gesamte Lohnlücke nach Merkmalsgruppen auf. Wird in der Lohnanalyse lediglich temporale und räumliche Ähnlichkeit herbeigeführt (wie in Abbildung 21 mit blauen Punkten illustriert), resultieren Lohnprämien von über 50 %. Werden zusätzlich die in der Arbeitsmarktliteratur gängigsten Merkmale Anstellungsdauer, Alter, Geschlecht, Nationalität und höchster Bildungsabschluss berücksichtigt, reduziert sich die Lohnlücke zwischen den Sektoren erheblich. Werden bei der Bildung der Zwillingspaare aus dem privaten Sektor und der Verwaltung sukzessive die Bildungsrichtung, die Arbeitsbedingungen (Überstunden, flexible Arbeitsmodelle, leistungsabhängige Lohnzahlungen) und schliesslich auch das Lebensmodell (Zivilstand und Kinder) einbezogen, verringert sich die Lohnlücke tendenziell. Nur im oberen Lohnbereich verhält es sich diesbezüglich anders. Werden die zwei hellblau abgebildeten Merkmalsgruppen (gängigsten Merkmale und die Studienrichtung) berücksichtigt, resultieren in den Gemeinde- und Kantonsverwaltungen geringere Lohnmalusse und beim Bund eine tiefere Lohnprämie, als wenn auch die Arbeitsbedingungen (dunkelblau) und das Lebensmodell (rot) berücksichtigt werden. Der Anstieg der Lohnprämien bei Berücksichtigung dieser Faktoren legt nahe, dass man für diese in den Verwaltungen besser entlohnt wird als im privaten Sektor.

Abbildung 24: Von der gesamten Lohnlücke zum perfekten Zwilling

Die hier präsentierten Varianten von Lohnschätzungen basieren auf der SAKE. Sie lassen bei der Findung von Zwillingen aus der Privatwirtschaft und den Verwaltungen je unterschiedliche Merkmale unberücksichtigt. Der Variantenvergleich bietet ebenfalls eine Erklärungsansatz für die Unterschiede zwischen den Lohnschätzungen basierend auf der SAKE und der LSE, namentlich den stärker fallenden Zusammenhang zwischen der Lohnprämie und der Höhe des Einkommens. In der LSE sind weniger Merkmale aus den Gruppen Lebensmodell und Arbeitsbedingungen verfügbar und auch die Bildungsrichtung der Arbeitskräfte ist nicht bekannt. Wie Abbildung 24 illustriert, wird durch die Berücksichtigung dieser Merkmale die Lohnprämie im unteren Einkommensbereich tendenziell reduziert, während sie im oberen Einkommensbereich steigt.

Lohnanalysen sind stets mit der Problematik konfrontiert, dass lohnrelevante Aspekte einer Arbeitsbeziehung von der Arbeitsmotivation über die Berufserfahrung einer Arbeitskraft bis hin zum Stressfaktor einer Stelle nicht in den verfügbaren Erhebungen erfasst sind. Doch auch die Informationen, welche in den Erhebungen wie der SAKE und der LSE vorhanden sind, können aus statistischen und ökonomischen Gründen nicht alle gleichzeitig in die Schätzmodelle integriert werden. Wir haben deshalb zahlreiche Sensitivitätsanalysen durchgeführt, bei denen Beobachtungen oder Merkmale aus der Untersuchung ausgeschlossen und Merkmale mehr oder weniger detailliert berücksichtigt wurden. Die Tests, welche die Robustheit der Resultate gegenüber Variationen im Schätzmodell untersuchen, sind in Anhang A.4.4 ausführlich beschrieben.

Abbildung 25 fasst die Ergebnisse grafisch zusammen. Für die Tests wurden die Jahre 2007 bis 2022 verwendet, da vereinzelt auf Teilstichproben mit geringer Beobachtungszahl zurückgegriffen wird. Beschriftet sind die Schätzungen, die sich von jenen in Abbildung 21 nur durch den Beobachtungszeitraum unterscheiden. Eine erste Erkenntnis der Sensitivitätsanalyse ist, dass sich die geschätzten Lohndifferenziale über die Zeit nur wenig verändern. Weiter geht hervor, dass es sich bei den in den vorherigen Abschnitten präsentierten Schätzungen basierend auf der SAKE im Vergleich zu den übrigen Modellvarianten nicht um Extremfälle handelt. Die Schätzwerte streuen für den Bund von 9.7 % bis 14.0 %, für die Kantone von 2.3 % bis 6.9 % und für die Gemeinden von 2.9 % bis 4.3 %.

Abbildung 25: Durchschnittliche Lohnprämie für verschiedene Modellvarianten

Die jährlichen Bruttoerwerbseinkommen für Vollzeitstellen liegen in der LSE höher als in der SAKE (siehe Tabelle 1 und Tabelle 13). Ausserdem fällt die gesamte Lohndifferenz zwischen den Verwaltungen und der Privatwirtschaft in der SAKE höher aus als in der LSE (siehe Abbildung 21). Wie das Bundesamt für Statistik (2021a) schreibt, lassen sich die Unterschiede zwischen den Durchschnittslöhnen der beiden Erhebungen nicht restlos erklären; sie können jedoch grösstenteils auf die unterschiedlichen Grundgesamtheiten zurückgeführt werden. Die LSE ist unter anderem auf Arbeitnehmer von Unternehmen mit mindestens drei Beschäftigten des zweiten und dritten Sektors beschränkt. Wir haben in weiteren Schätzungen die Daten der SAKE an die Grundgesamtheit der LSE angeglichen. Die so ermittelten durchschnittlichen Lohndifferenzen sind in Abbildung 25 ebenfalls abgetragen. Während die Angleichung der Daten auf die durchschnittliche Lohnlücke beim Bund und den Kantone nur einen geringen Einfluss hat, führt die Angleichung für Gemeinden zu einer geschätzten Lohnlücke von 3.2 % am unteren Ende des Streubereichs in Abbildung 25. Das bedeutet, dass die Unterschiede in den Schätzungen zwischen der SAKE und der LSE für die Gemeinden teilweise, aber nicht vollständig auf die Unterschiede in der Grundgesamtheit zurückgeführt werden können. Die Quelle der Differenzen gilt es in zukünftigen Untersuchungen zu eruieren.

7.7 Lohndifferenziale im zeitlichen Verlauf

Wirtschaftspolitisch ist es von Interesse, die Veränderung der Lohndifferenziale zwischen den Sektoren im Verlauf zu untersuchen. Die SAKE lässt aufgrund der geringen Beobachtungszahl keine Auswertungen für einzelne Jahre zu. Der gesamte Beobachtungszeitraum ab 2007 lässt sich jedoch in zwei Zeiträume bis 2016 und ab 2017 bis 2022 einteilen.

Abbildung 26: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Zeitraum

In Abbildung 26 sind die Lohndifferenziale für die beiden Zeiträume abgebildet. Die Konfidenzintervalle der Schätzresultate der einzelnen Zeiträume überlappen sich grösstenteils. Das heisst, dass sich für die einzelnen Quantile meist keine gesicherte, statistisch signifikante Veränderung des Lohndifferenzials feststellen lässt. Auf Stufe der durchschnittlichen Lohndifferenziale lassen sich hingegen Aussagen treffen, wobei sich auch die durchschnittlichen Lohndifferenziale kaum verändert haben. So beträgt die durchschnittliche Lohnprämie der Bundesverwaltung in beiden Zeiträumen 11.7 %. Für die Kantonsverwaltungen eruieren wir einen geringen Anstieg von 4.7 % auf 5.4 % und für die Gemeinden bleibt die durchschnittliche Lohndifferenz konstant bei 4.3 %.

Die LSE wird im Zweijahresrhythmus mit einer Stichprobe von 1.5 bis 2 Millionen Teilnehmern erhoben. Dies ermöglicht es, Lohnanalysen nach dem gleichen Verfahren wie in Kapitel 7.5 für alle Erhebungsjahre einzeln durchzuführen. Die durchschnittlichen Lohndifferenziale zwischen den Verwaltungen und der Privatwirtschaft nach Jahren sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Für die Bundesverwaltung weist die durchschnittliche Lohnprämie eine fallende Tendenz auf von 18 % im Jahr 2014 auf 12 % in 2020. Für die Kantonsverwaltungen lässt sich kein klarer zeitlicher Trend feststellen. Die Schätzwerte legen nahe, dass im Durchschnitt über alle Verwaltungsangestellten eine Lohnprämie gegenüber der Privatwirtschaft besteht. Für die Gemeindeverwaltungen pendelt das Lohndifferenzial gegenüber der Privatwirtschaft um die Nullprozentlinie.

Tabelle 2: Durchschnittliches Lohnunterschiede zwischen den Verwaltungen und der Privatwirtschaft über die Zeit gestützt auf die LSE
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Bund Kantone Gemeinden
Jahr Differenz N Differenz N Differenz N
Hinweis: Aufgrund fehlender Daten ist es nicht möglich, für die Bundesverwaltung im Jahr 2012 eine vergleichbare Lohnprämie zu berechnen.
2012 - - 1.3 % 42'480 -0.6 % 23'732
2014 18.0 % 37'102 0.3 % 46'782 -0.7 % 27'912
2016 14.9 % 38'374 2.3 % 44'620 -1.8 % 25'254
2018 15.2 % 35'888 3.1 % 68'302 1.3 % 30'586
2020 12.0 % 38'850 0.8 % 69'696 -1.2 % 40'626

Veränderungen der Lohndifferenziale können auf zwei Arten zustande kommen. Erstens können statistische Gründe wie zufällige Schwankungen in der Stichprobe einen Einfluss haben. Zweitens können materielle Veränderungen in den Löhnen dafür verantwortlich sein. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Löhne in der Privatwirtschaft volatiler sind und stärker vom Konjunkturverlauf und Ereignissen wie der COVID-19-Pandemie geprägt sind als die Löhne im öffentlichen Sektor. Dies gilt es in zukünftigen Studien genauer zu untersuchen.

Insgesamt lassen sich aufgrund der Diskrepanzen zwischen der SAKE und der LSE und der Volatilität der Schätzungen basierend auf der LSE keine aussagekräftigen Schlussfolgerungen ziehen, wie sich die Lohndifferenziale zwischen den Sektoren verändert haben.

7.8 Welche Lohnlücke für wen?

Die Lohnunterschiede zwischen den Sektoren sind nicht für alle Arbeitskräfte gleich hoch. Die Lohnprämie fällt für Bundesangestellte und für Geringverdiener höher und für Angestellte in den Kantons- und Gemeindeverwaltungen und für Hochlohnbezüger vergleichsweise tiefer aus. So viel geht aus den bereits diskutierten Resultaten hervor. Doch wie verhalten sich die Lohndifferenziale für Frauen im Vergleich zu Männern, für langjährige Mitarbeiter im Vergleich zu Berufseinsteigern? In diesem Kapitel werden nach Merkmalsausprägungen differenzierte Lohnlücken und damit Antworten auf die gestellten Fragen präsentiert. Die Resultate sind grafisch aufbereitet in Abbildung 27 bis Abbildung 35 zu finden18. Die Auswertungen in diesem Abschnitt stellen auf die Daten der SAKE und für den Zeitraum ab 2007 bis 2022 ab. Die wichtigsten Erkenntnisse werden im Anschluss diskutiert.

Abbildung 27: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Alter
Abbildung 28: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Anstellungsdauer
Abbildung 29: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Arbeitszeitmodell
Abbildung 30: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Berufsfeld
Abbildung 31: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach höchstem Bildungsabschluss
Abbildung 32: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Elternstatus
Abbildung 33: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Geschlecht
Abbildung 34: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Lohngestaltung
Abbildung 35: Lohndifferenzial zwischen den Verwaltungen und dem privaten Sektor nach Pensum

Alter und Anstellungsdauer wurden bereits früher als mögliche Lohntreiber in der öffentlichen Verwaltung identifiziert (Steck 2022). Die Lohnanalyse zeigt in der Tat auf, dass der Abstand der Löhne beim Bund und den Kantonen mit dem Alter steigt. Für keine Altersgruppe fallen die Lohndifferenzen statistisch signifikant in den negativen Bereich. Die angebliche Diskriminierung der Jungen durch den Staat entspricht also eher einer Gleichbehandlung, während die Älteren im Vergleich zur Privatwirtschaft privilegiert werden.

In der Tendenz fallen die Alterslohnprämien für die tiefen Löhne am höchsten aus. Sie bewegen sich in der unteren Hälfte der Lohnverteilung bei den Kantonen und dem Bund zwischen 9 % bis 19 %. Zu beachten ist, dass beim Bund und in geringerem Ausmass auch bei den Kantonen die Lohnprämien der 30- bis 50-Jährigen fast ähnlich hoch sind wie für die über 50-Jährigen. Für viele Studienabgänger dürfte die Altersgruppe bis 29 nur für kurze Zeit von Relevanz sein. Bei den Gemeinden zeigt sich ein weitaus ausgeglicheneres Bild hinsichtlich der Altersdifferenzierung der Löhne.

Auch eine längere Verweildauer wird im öffentlichen Sektor stärker belohnt als im privaten Sektor. Beim Bund wird die längere Anstellungsdauer über das gesamte Lohnspektrum hinweg mit einer Lohnprämie versehen. Diese fällt im unteren Lohnbereich höher aus. Bei den Kantonen wird die Anstellungsdauer insbesondere im unteren bis in den mittleren Lohnbereich besonders wertgeschätzt. Für die tiefsten 5 Prozent der Lohnverteilung besteht in den Kantonen für Einsteiger eine negative Lohnlücke.

Wie Strittmatter und Wunsch (2021) diskutieren, kann die Dauer der Betriebszugehörigkeit als Annäherung an den Erfahrungsrucksack eines Arbeitnehmers verstanden werden, wobei die in anderen Beschäftigungsverhältnissen erworbene Berufserfahrung nicht berücksichtigt wird. Die im Laufe des Erwerbslebens gesammelte Erfahrung kann gemäss neueren Studien für die Schweiz einen substanziellen Teil der bisher unerklärten Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern in der Schweiz erklären (vgl. Fontana 2023, Interview mit Conny Wunsch). Inwiefern systematische Unterschiede im gesamten Erfahrungsrucksack auch für die Lohndifferenz zwischen Privatwirtschaft und Verwaltung von Bedeutung sind, ist bisher nicht erforscht und kann auch in unserer Analyse basierend auf SAKE-Daten nicht geklärt werden. Es wäre jedoch spannend, diese Frage in zukünftiger Forschung anhand von AHV-Daten zu untersuchen, wie dies von Wunsch vorgeschlagen wird.

Flexible Arbeitszeitmodelle in Form von Block- oder Gleitzeit senken in den kantonalen und kommunalen Verwaltungen die Lohnprämie und führen mit steigendem Einkommen zu einem Lohnmalus gegenüber der Privatwirtschaft. Für den Bund ist zwar die statistische Aussagekraft eingeschränkt. Es besteht jedoch die Tendenz einer höheren Lohnprämie bei Arbeitskräften, die auf flexible Arbeitszeitmodelle setzen.

Bildungsabschlüsse gelten als wichtige Determinante für die Lohnbestimmung. Insbesondere für die Bundesverwaltung wird oft das Bild des überbezahlten Akademikers kolportiert. Die Lohnanalyse relativiert dieses. Für den Bund verringern sich die Lohnprämien von Akademikern und Nichtakademikern mit steigendem Lohn bis zum 65 %-Quantil im Gleichschritt. Darüber sinkt die Lohnprämie für Akademiker stärker als jene für Nichtakademiker. In den kantonalen Verwaltungen liegt die Lohnprämie für Nichtakademiker durchwegs höher als jene der Akademiker. An den Enden der Lohnverteilungen ist trotz statistischer Unsicherheit mit einem Lohnmalus zu rechnen. Einem ähnlichen Muster folgen die Gemeinden.

Pensum: Tiefe Arbeitspensen werden oft mit Lohnabschlägen bestraft und gelten als Signal für mangelndes berufliches Engagement. Die Gemeinden und Kantone scheinen tiefe Arbeitspensen, abgesehen vom Niedriglohnbereich, ähnlich wertzuschätzen wie die Privatwirtschaft. Anders sieht dies beim Bund aus. Für Bezüger hoher Löhne (95 %-Quantil) beträgt die Lohnprämie 7 % ab einer 80 % Anstellung, während es bei einem Pensum unter 80 % 18 % sind. Auch bei den tiefsten Löhnen (5 %-Quantil) öffnet sich die Prämienschere. 14 % beträgt die Prämie bei einem Beschäftigungsgrad von 80 % oder mehr und 20 % sind es für kleinere Arbeitspensen.19

Geschlecht wird so häufig im Zusammenhang mit Lohndifferenzen diskutiert wie kein anderes Merkmal. Die internationale Literatur (siehe Kapitel 7.2.3) findet zumeist für Frauen höhere Lohnprämien im öffentlichen Sektor als für Männer. Zu diesem Schluss kamen auch Falter und Ferro-Luzzi (2000) für die Schweiz durch eine Lohnanalyse für das Jahr 1996. Unsere Studie findet in der Bundesverwaltung insbesondere für die höheren Löhne Geschlechterunterschiede zugunsten der Frauen. Sowohl im internationalen Vergleich als auch im Vergleich zu älteren Studien für die Schweiz fällt die Differenz in der Verwaltungslohnprämie zwischen Frauen und Männern in unseren Schätzungen gering aus.

In den Gemeinden sind die Löhne der Frauen im Bereich der niedrigeren Einkommen hingegen geringer als die der Männer. Der Frauenanteil ist insbesondere auf Gemeinde- und Kantonsebene hoch. Ein Erklärungsansatz liegt in unterschiedlichen Mobilitätspräferenzen: Zahlreiche Studien zeigen, dass viele Frauen Arbeitsstellen mit geringen Pendelzeiten bevorzugen und dafür Lohneinbussen in Kauf nehmen (Fanning Madden 1981; MacDonald 1999; Le Barbanchon, Rathelot und Roulet 2020).

Kinder und weitere Faktoren könnten einen Einfluss auf die Lohnlücke zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft haben. Statistisch lässt sich dies allerdings nicht erhärten. Lohnanalysen sind stets auf eine grosse Beobachtungszahl angewiesen. Je enger die Analyse auf wenige Merkmalsträger eingeschränkt wird, desto tiefer ist die statistische Aussagekraft. In den Grafiken äussert sich diese Problematik durch breite Konfidenzintervalle.

Aus Abbildung 24 ging hervor, dass die Verwaltungslohnprämien im oberen Lohnsegment tiefer ausfallen, wenn gewisse private Bildungs- und Work-Life-Balance-Entscheidungen unberücksichtigt bleiben. In der Tat sind flexible Arbeitszeitmodelle und tiefe Pensen in den Verwaltungen häufiger als in der Privatwirtschaft. Gerade wer ein hohes Einkommen erzielt, kann es sich umso mehr leisten, Einkommen gegen mehr Freizeit einzutauschen. Erst recht gilt dies, wenn die Lohnabschläge wie im Fall tiefer Pensen beim Bund gering ausfallen. Dies zeigt, dass die Resultate der Lohnanalyse auch im Lichte weiterer Attraktivitätsunterschiede zwischen den Sektoren jenseits der Löhne diskutiert werden müssen.

7.9 Löhne sind nicht alles

Lohnanalysen untersuchen das vielleicht bedeutendste Charakteristikum eines Anstellungsverhältnisses. Naturgemäss bleiben weitere Eigenschaften wie Sinnhaftigkeit, Abwechslung, Gestaltungsmöglichkeiten, Flexibilität, Vereinbarkeit mit Familie und Freizeit, Pendelzeit, Jobsicherheit, erweiterte Sozialleistungen und vieles mehr aussenvor. Arbeitnehmer sind in gewissem Masse bereit, beispielsweise Einkommen gegen mehr Jobsicherheit einzutauschen. Wie müsste man vorgehen, um einen umfassenden Vergleich der Attraktivität der Anstellungsverhältnisse zwischen der Privatwirtschaft und dem Staat vorzunehmen? Dafür müssten alle Annehmlichkeiten, Leistungen und Lasten, die einer Arbeitsstelle anhaften, in Franken ausgedrückt und dem Lohn hinzugeschlagen oder von diesem subtrahiert werden. Zu den genannten Faktoren liegen zumeist keine verlässlichen Daten vor, um dies zu bewerkstelligen.

Die hier diskutierten Faktoren jenseits der Löhne konnten in der Lohnanalyse nur indirekt abgebildet werden. Einige Anhaltspunkte zur Zufriedenheit mit der beruflichen Situation können dem Schweizer Haushalt-Panel entnommen werden. Angesichts der geringen Stichprobengrösse haben die nachfolgenden Auswertungen für den Zeitraum unserer Lohnanalysen indikativen Charakter und gestatten nur einen Blick auf den gesamten öffentlichen Sektor.

Abbildung 36: Arbeitszufriedenheit im öffentlichen und im privaten Sektor

Aus Abbildung 36 geht hervor, dass die Angestellten im öffentlichen Sektor im Schnitt zufriedener mit ihrem Job sind als die Arbeitskräfte im privaten Sektor. Dass dies auch in Bezug auf das Erwerbseinkommen gilt, überrascht nach obiger Analyse nicht. Doch ist der Lohn mitnichten die Entschädigung für langweilig und repetitive Tätigkeiten beim Staat. Fragt man die Angestellten selbst, ist das Klischee widerlegt. 42 % der Angestellten im öffentlichen Sektor finden ihre Aufgaben sehr interessant, im privaten Sektor sind es nur 34 %. Mit dem Arbeitsumfang ist man zufriedener als in der Privatwirtschaft.

Abbildung 37: Bedenken und Sorgen in der öffentlichen Verwaltung und dem privaten Sektor

Etwas weniger eindeutig ist das Bild, wenn es um die Sorgen und Rollenkonflikte der Angestellten geht (Abbildung 37). Konflikte zwischen Arbeit und Familie sind im öffentlichen Sektor seltener. Hingegen geben die Arbeitskräfte im öffentlichen Sektor an, sich beim Bezahlen ihrer Rechnungen fast gleich schwerzutun wie im privaten Sektor. Beim Erreichen von Selbstverwirklichungszielen und beim Abschalten nach der Arbeit zeigt sich ein pessimistischeres Bild im öffentlichen Sektor. Es ist gut möglich, dass es sich insbesondere bei den letztgenannten Antworten nicht um objektive Sektorunterschiede handelt. Die Sektoren können Arbeitskräfte anziehen, die sich im Arbeitsethos, der Belastbarkeit und der Risikoaversion unterscheiden. So dürften risikoaverse und dem Job verbundene Mitarbeiter in vergleichbaren Umständen besorgter sein als risikofreudigere Mitarbeiter.

In der Tendenz zeichnen die Ergebnisse aus dem Swiss Household Panel das Bild einer Verwaltung, in der es nicht nur mit Blick auf den Lohn, sondern auch den Arbeitsbedingungen im Allgemeinen zum Guten bestellt ist.

7.10 Konklusion und Einschätzung der Autoren

Die staatlichen Verwaltungen gehören zu den wichtigsten Arbeitgebern der Schweiz. Ihre Personalpolitik wirkt sich nicht nur auf die Staats-, Kantons und Gemeinderechnungen und infolgedessen auf die Steuerrechnungen der Bürger aus. Sie prägen auch den Arbeits- und Bildungsmarkt wesentlich mit, beginnend bei der Studienfach- und Berufswahl junger Talente. Der Lohn ist gewiss nicht das einzige, aber ein wichtiges Kriterium der Bildungs- und Berufswahl. Systematisch höhere Löhne beim Staat könnten den Wettbewerb verzerren und Druck zu Lohnerhöhungen auf die Arbeitgeber in der Privatwirtschaft ausüben.

Die Lohnstatistiken zeigen, dass die Löhne im öffentlichen Sektor im Durchschnitt höher liegen als in der Privatwirtschaft. Wie private Unternehmen ist auch der Staat bei der Umsetzung seines Auftrages auf gut qualifizierte und damit gut entlohnte Fachspezialisten angewiesen. Die entscheidende Frage ist allerdings, ob Arbeitskräfte mit gleichen Qualifikationen in den Verwaltungen besser verdienen als in der Privatwirtschaft.

Das IWP hat diese Frage 2023 erstmalig adressiert (Portmann, Blümel und Schaltegger 2023a). Basierend auf Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) wurden die Löhne der Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden mit Löhnen ähnlich qualifizierter Arbeitskräfte in der Privatwirtschaft verglichen. Die vorliegende Studie erweitert diese Lohnanalyse nicht nur mit aktualisierten Daten des Jahres 2022. Die SAKE wird als Grundlage für Lohnanalysen verschiedentlich in Frage gestellt. Deshalb wurde mit der Lohnstrukturerhebung (LSE) eine zweite, anerkannte Datengrundlage für die Analyse herangezogen. Und schliesslich wurden zahlreiche Parameter der eingesetzten Schätzmodelle überprüft.

Im Durchschnitt fördert die Studie gestützt auf die SAKE der Jahre 2017 bis 2022 eine Verwaltungslohnprämie von 11.7 % beim Bund, 5.4 % bei den Kantonen und 4.5 % bei den Gemeinden zutage. Das bedeutet, dass bei gleicher Ausbildungsdauer, gleicher Studien- und Berufsrichtung, gleichem Alter, gleichem Pensum und gleichem Geschlecht und bei Übereinstimmung in weiteren Merkmalen eine Lohndifferenz zwischen den Löhnen in der Privatwirtschaft und in der Verwaltung zugunsten des Verwaltungspersonals besteht.

In zahlreichen Tests wurde untersucht, welchen Einfluss methodische Entscheidungen wie die Behandlung statistischer Ausreisser, die Berücksichtigung der Unternehmensgrösse sowie die verwendeten Einteilungen von Bildungsabschlüssen und Berufen auf die Schätzergebnisse haben. Im Untersuchungszeitraum von 2017 bis 2022 streuen die Schätzwerte der unterschiedlichen Spezifikationen für den Bund von 9.7 % bis 14.0 %, für die Kantone von 2.3 % bis 6.9 % und für die Gemeinden von 2.9 % bis 4.3 %. Das heiss, alle Modellvarianten schätzen Lohndifferenziale, die nahe an denen des letzten Abschnitts für die SAKE der Jahre 2017 bis 2022 liegen.

Wird der Analyse die LSE zugrunde gelegt, beträgt die durchschnittliche Lohnprämie beim Bund 13.9 % und bei den Kantonen 2.3 %, während bei den Gemeinden einen Lohnmalus von -0.5 % resultiert. Die LSE ist im Vergleich zur SAKE beobachtungsstärker, bietet allerdings weniger Merkmale für die Bildung statistischer Zwillinge. Trotz Unterschiede in der Datengrundlage fallen für die Bundes- und Kantonsverwaltung die durchschnittlichen Lohnprämie geschätzt auf beiden Erhebungen sehr ähnlich aus.

Trotz höherer Beobachtungszahl ist die Grundgesamtheit der LSE-Stichprobe enger gefasst, da insbesondere die Löhne in kleinen Betrieben und die Löhne Unselbstständiger nicht in die Erhebung einfliessen. Tests haben gezeigt, dass Unterschiede zwischen den SAKE- und den LSE-Ergebnissen teilweise auf die Einschränkung der Stichprobe zurückzuführen sind. Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund anzunehmen, dass eine entsprechende Einschränkung sinnvoll wäre. Wir gehen deshalb auch bei den Gemeinden von einer durchschnittlichen Lohndifferenz gegenüber der Privatwirtschaft aus, die im positiven Bereich liegt.

Es ist davon auszugehen, dass die Löhne bei den Gemeinden und Kantonen im Durchschnitt tiefer ausfallen als beim Bund. Ausserdem weist die Lohnanalyse basierend auf der LSE – abweichend zur SAKE – für die Arbeitskräfte in den höheren Gehaltsstufen der Kantone und Gemeinden auf negative Lohndifferenzen hin. Diese Ergebnisse, gilt es genauer zu untersuchen. Denn auf dem Arbeitsmarkt steht nicht nur der Staat mit der Privatwirtschaft in Konkurrenz. Die öffentlichen Verwaltungen stehen untereinander im Wettbewerb. Sollen Gemeinden und Kantone nicht nur Vollzugsorgane für Bundesentscheide sein, brauchen auch sie qualifiziertes Personal.

Das Personalrecht und die Arbeitswelt in den öffentlichen Verwaltungen haben sich in den letzten 25 Jahren gewandelt. Alte Zöpfe wie der der Beamtenstatus wurden abgeschnitten, vieles wurde modernisiert. Die mit dem Alter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit ansteigende Verwaltungslohnprämie zeigt jedoch altbekannte Muster. Der Verbleib in der Verwaltung und das Älterwerden werden belohnt. Es stellt sich die Frage, ob ein Lohnsystem, das auf mehr Arbeitsmarktmobilität ausgerichtet ist, nicht allen Parteien – der Privatwirtschaft, dem Staat und den Arbeitnehmern – dienen würde, ihr ganzes Potenzial auszuschöpfen.

Die Verwaltungslohnprämie ist am unteren Ende der Lohnverteilung am höchsten. Dieses Ergebnis kann als Indiz dafür gewertet werden, dass staatliche Lohnpolitik auch Sozial- und Gesellschaftspolitik ist. Soll der Staat als Arbeitgeber stets gleich tiefe Löhne setzen dürfen, wie es private Unternehmen tun? Dies ist letztlich eine normative Frage, die hier nicht beantwortet werden soll. Die mit steigendem Lohn abnehmende Lohnprämie vermittelt jedoch ein trügerisches Bild. Im Vergleich zu Geringverdienern gewinnt die Work-Life-Balance für Besserverdienende im Verhältnis zum Gehalt an Bedeutung. Die zunehmende Verbreitung von Homeoffice ist nur ein Beispiel dafür, dass die Attraktivität vieler Arbeitsplätze in jüngster Zeit nicht nur durch den Lohn, sondern auch durch andere Faktoren gestiegen sein dürfte. Ob sich Aspekte der Work-Life-Balance in der Privatwirtschaft und in den Verwaltungen unterschiedlich entwickelt haben, wurde in dieser Studie nicht untersucht.

Lohnanalysen können nur Merkmale von Arbeitskräften und Anstellungsverhältnissen berücksichtigen, welche in Statistiken erfasst werden. Weder Fleiss, Engagement, Erfahrung noch besondere Qualitäten von Arbeitnehmern sind in einer Arbeitskräfteerhebung adäquat abgebildet. Eine Lohnprämie kann deshalb nicht zwingend mit einer Überbezahlung bei gleicher Arbeitsleistung und -qualität gleichgesetzt werden20. Zumindest dann nicht, wenn es den Personalabteilungen in einem Sektor besser gelingt, die besonders fähigen Kandidaten zu rekrutieren. Die These, dass dies dem Bund aufgrund seiner Attraktivität gelingt, ist nicht abwegig, allerdings nicht belegbar. Und wenn die These stimmt, müssen zukünftige Studien erst recht die Frage klären, wie Talente optimal zwischen Privatwirtschaft und Staat zu allozieren ist.

8 Konklusion und Einschätzung der Autoren

Die Analyse der Personalausgaben, der Beschäftigung und der Löhne im öffentlichen Sektor hat einen bunten Strauss an Erkenntnissen zutage gefördert. Sie wurden in den einzelnen Kapiteln bereits zusammengefasst. Fünf Kernaussagen fassen die aus unserer Sicht wichtigsten Schlussfolgerungen zusammen:

Kernaussage 1: Verwaltungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung statt Verwaltungsausgaben im Verhältnis zum BIP. Wie auch Eichenberger (2016) argumentiert, erscheint vieles im Vergleich zum äusserst hohen Schweizer BIP klein. Dies führt zum weitverbreiteten Irrglauben, der Staat sei so schlank wie sonst nirgends. Erst mit den Verwaltungsausgaben je Einwohner lässt sich eine fruchtbare öffentliche Debatte führen über Budgetdisziplin und darüber, von welcher Staatsaufgabe es mehr oder weniger sein soll. Zu dieser Debatte gehört auch die in diesem Policy Paper bisher nicht diskutierte Leistungsseite beziehungsweise die Frage, welche Leistung und welche Qualität der Staat für die eingesetzten Mittel erbringt.

Kernaussage 2: Anzeichen für eine Zunahme des Vollzugsföderalismus ernst nehmen. Im äusserst dezentral organisierten Staatswesen der Schweiz beschäftigen die Kantons- und Gemeindeverwaltungen rund sieben Mal so viele Vollzeitangestellte wie die Bundesverwaltung. Gemessen in Vollzeitäquivalenten wuchsen die Gemeinden und Kantone in den letzten Jahren somit auch stärker als der Bund. Die Verwaltungsausgaben beim Bund wuchsen jedoch stärker als bei den Gemeinden und Kantonen. Der Bund stellt relativ mehr hochbezahlte Akademiker ein. Ist es zunehmend der Bund, der analysiert, plant, beauftragt, finanziert und kontrolliert, während die Kantone umsetzen? Was die aufgezeigten Entwicklungen für den Schweizer Föderalismus bedeuten, gilt es weiter zu untersuchen.

Kernaussage 3: Statistische Unzulänglichkeit und fehlende Aufmerksamkeit begünstigen das Wachstum staatsnaher Unternehmen. Die Unternehmen und Institute des öffentlichen Rechts sind für ein Drittel der öffentlichen Beschäftigung verantwortlich, und sie wachsen stärker als die Privatwirtschaft. Die Unternehmen und Institute erfüllen oft staatliche Leistungsaufträge oder operieren in monopolistischen Märkten. Diese Bedingungen begünstigen Prinzipal-Agenten-Probleme. Gerade deshalb wären mehr Transparenz und Aufsicht wünschenswert. Die in dieser Studie eingesetzten offiziellen Daten des BFS lassen jedoch aufgrund der Anonymisierung keine Aussagen zu einzelnen öffentlichen Unternehmen zu.

Kernaussage 4: Vergleichsweise attraktive Anstellungen im öffentlichen Sektor führen zu Spannungen auf dem Arbeitsmarkt und verzerren Bildungsentscheidungen. Aus der systematischen Lohnanalyse geht hervor, dass die Löhne in den öffentlichen Verwaltungen höher liegen als in der Privatwirtschaft. Junge Menschen können sich für Berufslehren und Studienfächer entscheiden, die sie nicht gewählt hätten, wenn der Staat als Arbeitgeber nicht entsprechend attraktive Stellen geschaffen hätte. All dies kann zu Lohndruck im privaten Sektor führen, um gegenüber dem Arbeitgeber Staat konkurrenzfähig zu bleiben. Für die privaten Unternehmen bedeutet dies sinkende Margen und weniger Mittel für Innovationen und andere Produktivitätstreiber. Ebenso bedeutsam sind die Lohnunterschiede zwischen den Verwaltungen. Die hohen Lohnprämien beim Bund dürften in besonderem Masse die Kantone und Gemeinden unter Druck setzen.

Kernaussage 5: Negative Auswirkungen der allgemeinen Verwaltungsausgaben auf das Wirtschaftswachstum? Im europäischen Vergleich wächst die allgemeine Verwaltung in der Schweiz überdurchschnittlich stark. Die Entwicklung ist im Lichte aktueller Forschungsergebnisse, die basierend auf kantonalen Daten einen negativen Einfluss der allgemeinen Verwaltungsausgaben auf das kantonale BIP-Wachstum feststellen (Mosler und Schaltegger 2021), kritisch zu bewerten.

A Anhang

A.1 Die Schweiz im europäischen Vergleich

Tabelle 3: Personalaufwand und Gesamtausgaben des Gesamtstaates im Jahr 2022 im europäischen Vergleich
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Personalausgaben Gesamtausgaben
% BIP CHF je Einwohner CHF-KKP je Einwohner % Arbeitnehmerentgelt % Staatsausgaben Mrd. CHF Total % BIP CHF je Einwohner CHF-KKP je Einwohner Mrd. CHF Total
Belgien 12.3 %(5) 6'008.5(8) 8'271.5(5) 25.5 % 23.1 %(20) 70 53.2 %(4) 26'013.1(9) 35'810.6(4) 302
Bulgarien 10.1 %(22) 1'298.5(30) 3'318.8(30) 24.1 % 24.4 %(14) 9 41.4 %(21) 5'324.0(30) 13'607.0(30) 36
Deutschland 7.9 %(28) 3'796.4(13) 5'227.4(18) 15.2 % 16.1 %(30) 316 49.5 %(7) 23'647.0(11) 32'560.6(9) 1968
Dänemark 13.6 %(2) 9'039.9(4) 10'451.2(4) 28.0 % 30.2 %(2) 53 45.0 %(13) 29'908.2(5) 34'577.4(5) 176
Estland 10.5 %(16) 2'899.8(19) 4'979.5(21) 22.1 % 26.3 %(8) 4 39.8 %(24) 11'036.6(20) 18'951.9(24) 15
Finnland 12.4 %(3) 6'161.8(7) 7'656.0(7) 26.4 % 23.3 %(19) 34 53.3 %(3) 26'472.6(8) 32'891.7(8) 147
Frankreich 12.4 %(3) 4'955.1(11) 7'028.8(10) 23.7 % 21.3 %(24) 336 58.3 %(1) 23'266.9(12) 33'004.1(7) 1579
Griechenland 11.0 %(11) 2'230.5(24) 4'189.5(29) 31.5 % 20.8 %(26) 23 52.9 %(6) 10'718.1(21) 20'131.8(21) 112
Irland 5.7 %(30) 5'830.6(9) 7'556.3(8) 23.7 % 26.7 %(6) 30 21.2 %(30) 21'816.1(13) 28'273.0(14) 110
Island 14.9 %(1) 10'837.9(3) 10'655.8(3) 29.3 % 31.3 %(1) 4 47.5 %(10) 34'608.0(3) 34'026.6(6) 13
Italien 9.6 %(26) 3'254.8(17) 5'225.2(19) 23.9 % 17.2 %(29) 192 56.1 %(2) 18'974.7(14) 30'461.9(12) 1120
Kroatien 11.2 %(10) 2'018.7(26) 4'616.5(23) 25.3 % 24.9 %(12) 8 44.9 %(14) 8'112.7(27) 18'552.8(25) 31
Lettland 10.6 %(14) 2'251.4(23) 4'332.9(26) 22.3 % 26.2 %(9) 4 40.4 %(22) 8'596.2(26) 16'543.8(29) 16
Litauen 10.1 %(22) 2'495.7(22) 5'110.4(20) 21.7 % 27.8 %(5) 7 36.4 %(28) 8'963.4(23) 18'354.5(26) 25
Luxemburg 10.2 %(20) 12'609.0(1) 14'876.1(1) 20.7 % 23.3 %(18) 8 43.9 %(17) 54'097.2(1) 63'823.8(1) 35
Malta 10.5 %(16) 3'613.4(14) 6'242.3(12) 25.1 % 26.7 %(7) 2 39.3 %(25) 13'524.3(16) 23'363.7(16) 7
Niederlande 8.3 %(27) 4'625.3(12) 6'088.3(14) 17.6 % 19.0 %(28) 81 43.5 %(19) 24'321.1(10) 32'014.4(11) 428
Norwegen 10.9 %(12) 11'601.0(2) 13'313.1(2) 31.1 % 28.3 %(4) 63 38.4 %(27) 40'963.2(2) 47'008.8(2) 222
Polen 9.8 %(25) 1'751.4(28) 4'391.1(24) 25.6 % 22.4 %(22) 66 43.9 %(17) 7'830.9(28) 19'633.6(22) 295
Portugal 10.7 %(13) 2'559.9(21) 4'677.6(22) 23.0 % 24.2 %(16) 27 44.1 %(16) 10'593.9(22) 19'357.8(23) 110
Rumänien 10.0 %(24) 1'538.1(29) 4'237.3(28) 27.1 % 25.1 %(11) 29 40.0 %(23) 6'125.5(29) 16'874.7(28) 117
Schweden 11.9 %(6) 6'471.5(6) 7'865.7(6) 26.2 % 24.4 %(13) 68 48.9 %(8) 26'494.3(7) 32'201.8(10) 277
Schweiz 7.3 %(29) 6'632.7(5) 6'494.0(11) 12.5 % 22.0 %(23) 58 33.0 %(29) 30'112.4(4) 29'482.8(13) 263
Slowakei 10.6 %(14) 2'202.3(25) 4'278.8(27) 24.9 % 25.2 %(10) 12 42.3 %(20) 8'748.7(24) 16'998.0(27) 48
Slowenien 11.4 %(8) 3'152.7(18) 5'724.6(15) 21.9 % 24.1 %(17) 7 47.2 %(12) 13'099.2(17) 23'785.7(15) 28
Spanien 11.5 %(7) 3'350.9(16) 5'536.2(16) 24.1 % 24.3 %(15) 159 47.4 %(11) 13'798.7(15) 22'797.2(18) 655
Tschechien 10.2 %(20) 2'741.7(20) 5'236.3(17) 23.0 % 22.8 %(21) 29 44.6 %(15) 12'019.9(19) 22'956.7(17) 126
Ungarn 10.3 %(19) 1'839.5(27) 4'385.6(25) 26.4 % 21.1 %(25) 18 48.8 %(9) 8'734.6(25) 20'824.5(19) 85
Zypern 11.4 %(8) 3'606.1(15) 6'094.3(13) 27.8 % 29.5 %(3) 3 38.8 %(26) 12'227.4(18) 20'664.3(20) 11
Österreich 10.4 %(18) 5'314.4(10) 7'292.5(9) 21.4 % 19.6 %(27) 48 53.2 %(4) 27'172.0(6) 37'286.3(3) 244
Tabelle 4: Wachstum der staatlichen Personalausgaben
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1996-2022 2008-2022
CHF-KKP je Einwohner CHF je Einwohner in % des BIP CHF-KKP je Einwohner CHF je Einwohner in % des BIP
Hinweis:CHF-KKP: Berücksichtigung der Kaufkraft basierend auf dem Kaufkraftstandard von Eurostat für die EU-27 mit Referenzjahr 2020 und gemessen in Franken des Jahres 2022.
Rumänien 757.2 %(1) 916.1 %(1) 56.2 %(2) 106.2 %(2) 30.0 %(6) 0.0 %(12)
Bulgarien 498.6 %(2) 895.7 %(2) 65.6 %(1) 114.9 %(1) 79.3 %(1) 14.8 %(3)
Litauen 473.5 %(3) 611.8 %(3) -3.8 %(12) 89.8 %(4) 38.9 %(4) -4.7 %(18)
Lettland 439.7 %(4) 520.8 %(4) 1.9 %(9) 56.1 %(9) 4.1 %(10) -8.6 %(23)
Estland 388.2 %(5) 436.7 %(5) -5.4 %(14) 65.2 %(7) 30.4 %(5) -2.8 %(16)
Polen 257.2 %(6) 163.3 %(9) -11.7 %(20) 80.7 %(6) 1.5 %(12) -9.3 %(25)
Slowakei 255.3 %(7) 295.4 %(6) 11.6 %(5) 95.2 %(3) 43.3 %(2) 41.3 %(1)
Ungarn 228.4 %(8) 163.6 %(8) -3.7 %(11) 52.5 %(10) -9.3 %(17) -8.8 %(24)
Tschechien 218.9 %(9) 247.7 %(7) 22.9 %(3) 83.8 %(5) 27.4 %(7) 22.9 %(2)
Norwegen 176.0 %(10) 60.2 %(15) -18.7 %(26) 47.9 %(15) -11.6 %(18) -6.8 %(21)
Slowenien 169.0 %(11) 81.5 %(11) 2.7 %(8) 42.9 %(17) -8.3 %(16) 3.6 %(9)
Irland 168.6 %(12) 88.7 %(10) -44.1 %(29) 22.3 %(24) -26.2 %(26) -49.6 %(30)
Luxemburg 159.3 %(13) 60.2 %(14) -4.7 %(13) 49.1 %(12) 3.7 %(11) 14.6 %(4)
Kroatien 156.8 %(14) 71.4 %(12) -26.8 %(27) 60.7 %(8) -3.2 %(14) 0.9 %(11)
Belgien 132.8 %(15) 29.6 %(18) 6.0 %(6) 48.7 %(13) -8.0 %(15) 3.4 %(10)
Spanien 123.8 %(16) 32.2 %(17) 5.5 %(7) 26.8 %(23) -21.9 %(24) 8.5 %(6)
Malta 113.8 %(17) 67.0 %(13) -29.1 %(28) 40.1 %(18) 4.8 %(9) -22.8 %(29)
Zypern 111.1 %(18) 32.3 %(16) -7.3 %(15) 6.9 %(29) -32.6 %(28) -13.6 %(27)
Schweiz 107.0 %(19) 28.2 %(19) -1.4 %(10) 44.3 %(16) 15.8 %(8) 7.4 %(7)
Dänemark 104.4 %(20) 9.0 %(24) -15.0 %(23) 31.9 %(20) -20.9 %(22) -12.8 %(26)
Niederlande 102.3 %(21) 20.3 %(20) -8.8 %(17) 28.3 %(22) -15.1 %(20) 0.0 %(12)
Griechenland 100.7 %(22) 16.2 %(21) 14.6 %(4) -4.6 %(30) -47.0 %(30) -5.2 %(19)
Finnland 89.5 %(23) 10.0 %(23) -17.3 %(25) 21.0 %(26) -21.1 %(23) -3.1 %(17)
Österreich 85.8 %(24) 3.3 %(25) -12.6 %(21) 35.0 %(19) -15.0 %(19) -1.9 %(15)
Portugal 84.6 %(25) 14.6 %(22) -15.1 %(24) 9.1 %(28) -30.7 %(27) -18.3 %(28)
Deutschland 83.1 %(26) -2.7 %(27) -10.2 %(18) 50.3 %(11) -1.7 %(13) 5.3 %(8)
Frankreich 82.4 %(27) -5.4 %(28) -7.5 %(16) 31.1 %(21) -22.6 %(25) 0.0 %(12)
Schweden 77.7 %(28) -1.8 %(26) -13.8 %(22) 21.4 %(25) -19.2 %(21) -5.6 %(20)
Italien 56.2 %(29) -10.0 %(29) -11.1 %(19) 13.9 %(27) -33.1 %(29) -8.6 %(22)
Island 48.3 %(14) 39.9 %(3) 12.0 %(5)
Tabelle 5: Personalaufwand und Gesamtausgaben des Zentralstaates im Jahr 2022 im europäischen Vergleich
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Personalausgaben Gesamtausgaben
% BIP CHF je Einwohner CHF-KKP je Einwohner % Arbeitnehmerentgelt % Staatsausgaben Mrd. CHF Total % BIP CHF je Einwohner CHF-KKP je Einwohner Mrd. CHF Total
Belgien 2.2 %(27) 1'058.1(24) 1'456.7(27) 4.6 % 7.9 %(29) 12 27.4 %(22) 13'402.7(10) 18'450.6(11) 156
Bulgarien 6.2 %(11) 798.3(27) 2'040.3(23) 14.8 % 19.6 %(14) 5 31.6 %(11) 4'067.1(30) 10'394.7(29) 28
Deutschland 1.1 %(29) 510.1(30) 702.4(30) 2.1 % 6.6 %(30) 42 16.2 %(29) 7'720.5(20) 10'630.7(27) 643
Dänemark 3.6 %(23) 2'424.9(7) 2'803.5(16) 7.4 % 11.0 %(24) 14 33.0 %(8) 21'975.9(4) 25'406.8(4) 129
Estland 5.9 %(12) 1'634.8(15) 2'807.2(15) 12.4 % 16.9 %(18) 2 34.9 %(7) 9'684.9(15) 16'630.7(13) 13
Finnland 3.0 %(25) 1'502.5(17) 1'866.9(26) 6.4 % 11.5 %(22) 8 26.4 %(23) 13'089.0(11) 16'262.8(15) 73
Frankreich 5.9 %(12) 2'371.7(8) 3'364.3(11) 11.3 % 24.5 %(6) 161 24.3 %(26) 9'698.3(14) 13'757.0(21) 658
Griechenland 9.5 %(3) 1'927.0(13) 3'619.4(9) 27.2 % 23.4 %(8) 20 40.6 %(1) 8'227.9(18) 15'454.3(17) 86
Irland 5.2 %(17) 5'377.7(2) 6'969.3(2) 21.6 % 29.0 %(2) 27 18.0 %(28) 18'511.8(6) 23'990.7(6) 94
Island 7.4 %(6) 5'364.1(3) 5'274.1(6) 14.5 % 21.0 %(13) 2 35.1 %(6) 25'574.2(3) 25'144.7(5) 10
Italien 5.7 %(15) 1'941.8(12) 3'117.4(12) 14.2 % 15.5 %(19) 115 37.0 %(4) 12'530.7(12) 20'116.8(10) 740
Kroatien 5.5 %(16) 1'002.0(26) 2'291.5(22) 12.4 % 18.5 %(16) 4 30.0 %(16) 5'424.3(27) 12'404.7(22) 21
Lettland 5.8 %(14) 1'228.5(22) 2'364.4(20) 12.2 % 22.5 %(11) 2 25.7 %(24) 5'464.1(26) 10'516.0(28) 10
Litauen 5.2 %(17) 1'287.6(20) 2'636.6(17) 11.2 % 18.6 %(15) 4 28.1 %(20) 6'932.7(23) 14'196.2(19) 19
Luxemburg 7.3 %(7) 9'059.6(1) 10'688.5(1) 14.8 % 23.3 %(9) 6 31.5 %(12) 38'885.8(1) 45'877.4(1) 25
Malta 10.4 %(2) 3'580.9(5) 6'186.1(3) 24.9 % 26.6 %(3) 2 39.2 %(2) 13'477.6(9) 23'283.0(7) 7
Niederlande 3.2 %(24) 1'772.2(14) 2'332.7(21) 6.8 % 10.9 %(25) 31 29.2 %(17) 16'331.7(8) 21'497.7(8) 287
Norwegen 4.7 %(19) 5'069.9(4) 5'818.1(4) 13.4 % 15.5 %(20) 28 30.7 %(14) 32'806.0(2) 37'647.7(2) 178
Polen 4.4 %(21) 787.1(28) 1'973.4(24) 11.5 % 17.4 %(17) 30 25.4 %(25) 4'534.6(28) 11'369.2(25) 171
Portugal 8.4 %(4) 2'012.1(10) 3'676.6(7) 18.0 % 26.2 %(4) 21 32.0 %(10) 7'692.9(21) 14'056.9(20) 80
Rumänien 7.0 %(9) 1'068.6(23) 2'944.0(13) 19.0 % 24.3 %(7) 20 28.8 %(18) 4'403.9(29) 12'132.0(23) 84
Schweden 2.9 %(26) 1'588.3(16) 1'930.5(25) 6.4 % 9.4 %(27) 17 31.1 %(13) 16'849.8(7) 20'479.7(9) 176
Schweiz 1.1 %(29) 1'008.2(25) 987.1(29) 1.9 % 10.3 %(26) 9 10.7 %(30) 9'761.8(13) 9'557.7(30) 85
Slowakei 6.4 %(10) 1'331.8(19) 2'587.7(18) 15.0 % 23.1 %(10) 7 27.8 %(21) 5'761.3(25) 11'193.8(26) 31
Slowenien 7.2 %(8) 2'002.8(11) 3'636.6(8) 13.8 % 25.1 %(5) 4 28.7 %(19) 7'966.5(19) 14'465.7(18) 17
Spanien 2.1 %(28) 599.2(29) 989.9(28) 4.4 % 8.7 %(28) 28 23.7 %(27) 6'904.0(24) 11'406.3(24) 327
Tschechien 4.7 %(19) 1'259.7(21) 2'405.8(19) 10.6 % 14.3 %(21) 13 32.6 %(9) 8'781.4(17) 16'771.6(12) 92
Ungarn 8.3 %(5) 1'479.8(18) 3'528.1(10) 21.3 % 21.2 %(12) 14 39.0 %(3) 6'973.4(22) 16'625.5(14) 68
Zypern 10.9 %(1) 3'440.5(6) 5'814.5(5) 26.6 % 36.2 %(1) 3 30.2 %(15) 9'499.2(16) 16'053.7(16) 9
Österreich 4.1 %(22) 2'083.8(9) 2'859.5(14) 8.4 % 11.2 %(23) 19 36.4 %(5) 18'596.3(5) 25'518.5(3) 167